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Gebrauchtwagenreport: Toyota Prius – Kratzer am Öko-Heiligenschein

München. Harte Zeiten für Toyota und die Bestätigung des Uralt- Sinnspruchs: Wer hoch fliegt, der tief fällt. Jahrelang war Toyota die japanische Übersetzung für Zuverlässigkeit. Bis jetzt die Kunde von klemmenden Gaspedalen und Bremsen die Runde machte – und mitten drin die rollende Beruhigung aller Öko-Mobilisten, der Toyota Prius. Beim inzwischen tobenden Toyota-Bashing wird gern übersehen, dass sich gerade das Hybrid-Modell Prius durch ein hohes Maß an Zuverlässigkeit auszeichnet, wie der TÜV ausweist.

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«Papst Prius der Umwelt-Eilige», der beste Marketing-Gag der Autogeschichte – Seligsprechungen und Schmähungen füllen Bände, seit Toyota den Prius in die Autowelt entließ. Das war historisch betrachtet 1997. Damals hat der Prius I aber allenfalls die Rolle eines markttauglichen Versuchsträgers gespielt. Die eigentliche Autogeschichte des Hybriden beginnt mit dem seit 2003 gebauten Prius II. Der verkaufte sich hierzulande im Startjahr 177 mal. Doch schon 2006 wurden 3063 Fahrzeuge neu zugelassen, und im vergangenen Jahr lag die Verkaufszahl bei rund 4500 Exemplaren.

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Von Anfang an begleiteten viele Fragen den Verkaufserfolg des Prius, vor allem hinsichtlich der Haltbarkeit der neuen Hybrid-Technik. Bezüglich der Wiederverkaufbarkeit des Prius am Gebrauchtwagenmarkt hatte es erhebliche Zweifel gegeben. Diese sind inzwischen eindrucksvoll ausgeräumt: Nicht nur auf der Qualitätsseite zeichnet sich der Prius durch hohe Solidität aus, sondern ebenso durch hohe Preise am Gebrauchtwagenmarkt.

Zwar fehlt aufgrund der zu geringen Stückzahlen eine offizielle Ausweisung des Hybriden im TÜV-Report 2010. Gleichwohl deuten die vorliegenden Erfahrungen, die man bei TÜV Süd bislang mit dem Prius gemacht hat, in Richtung Musterknabe: «Rostvorsorge, Fahrwerk, Achsen – alles okay», fasst TÜV-Süd-Autoexperte Hans-Werner Wormer knapp zusammen. Auch hinsichtlich der bekannt gewordenen Bremsprobleme ist der Prius bei der Hauptuntersuchung bislang nicht auffällig geworden.

Ein bekannter Schwachpunkt des «Öko-Darlings» der Autoszene ist die Starterbatterie. Wegen der vielen im Prius verbauten Steuergeräte und des daraus resultierenden hohen Ruhestromverbrauchs drückte schon mancher Fahrer nach Rückkehr von einem ausgedehnten Wochenende den Startknopf vergeblich. Zur Vermeidung dieser ärgerlichen Situation empfehlen Experten, die Batterie per Knopfdruck am Armaturenbrett vom Netz zu nehmen. Keine Auffälligkeiten gibt es mit dem Batterieblock für das Hybridsystem. Treten dort Defekte auf, können Module einzeln gewechselt werden. Aus gutem Grund: Die Komplettbatterie für das Hybridsystem schlägt mit rund 2500 Euro zu Buche. Den Ängsten der Autofahrer vor diesem dicken Kostenbrocken hat Toyota mit einer großzügigen Garantie von acht Jahren vorgebeugt.

Bei Fahreindrücken und Nutzwert fallen die Urteile zwiespältig aus. Vier Passagiere finden im Prius bequem Platz, schwieriger wird es mit der Unterbringung des Gepäcks. Zwar verfügt der Prius mit einem Kofferraumvolumen von 408 bis 1210 Litern Fassungsvermögen auf dem Papier durchaus über ausreichend Platz. In der Praxis ist dieser Raum durch das extrem auf optimale Aerodynamik zugeschnitte Design nicht nutzbar. Im Fahrverhalten ist der Prius unspektakulär bis gutmütig, im Kurvenveralten aber etwas schwammig.

Fahrdynamik ist nicht das Kapitel des Hybriden. Das völlig fehlende klassische Autofeeling in diesem Bereich wird aber durch den Heidenspaß mit dem Hybrid-Bordsystem überkompensiert. Es ist schon verblüffend, wie schnell sich die Wertemaßstäbe im Hybriden verschieben. Wo bei klassischen Automobilen Motorsound, Kurvendynamik und Durchzug eine tragende Rolle spielen, tritt man am Steuer eines Prius in einen munteren Wettstreit mit sich selbst um die ökologischste Fahrweise. An dessen Ende stellt man bisweilen fest, dass der Prius im Drittelmix zu Verbrauchsresultaten kommt, die mit einem modernen Diesel unter der Haube ebenfalls zu erreichen sind.

Was aber kein Diesel schafft: Gerade im Stadtverkehr tendiert der Schadstoffausstoß beim Japaner gegen Null. In der Summe liefert der Prius einen pädagogisch äußerst wertvollen Beitrag zum defensiven und entspannten Fahren – es sei denn, das Bremspedal klemmt.

ddp.djn/nom/hoe

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