Karriere

Künstliche Intelligenz: Der Rettungsanker gegen den Fachkräftemangel im Mittelstand

Fachkräftekrise trotz Arbeitskräfteüberschuss

Deutschland steht im Jahr 2025 vor einer paradoxen Herausforderung: Trotz eines Überangebots an qualifizierten Arbeitskräften bleiben zahlreiche Stellen im Mittelstand unbesetzt. Denn es fehlen die passend qualifizierten Fachkräfte. Besonders deutlich wird dieser Mangel in Schlüsselbranchen wie Maschinenbau, IT, Logistik und Pflege.

Die Ursachen sind vielfältig. Der demografische Wandel reduziert das Arbeitskräfteangebot in den betroffenen Branchen drastisch, die Zahl der Absolventen mit passgenauen Qualifikationen reicht nicht aus, und auch die qualifizierte Zuwanderung bleibt hinter den Bedarfen zurück. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass im März 2025 erstmals seit dem Ende der Corona-Pandemie mehr qualifizierte Arbeitslose als offene Stellen gemeldet wurden – und dennoch sprechen wir von einem spezifischen Fachkräftemangel.

Für den Mittelstand stellt sich damit die zentrale Frage: Wie lässt sich dieser Engpass überwinden? Eine vielversprechende Antwort lautet: Künstliche Intelligenz. Richtig eingesetzt, kann sie nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch die Belegschaft entlasten und neue Geschäftspotenziale eröffnen.

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Wo der Mittelstand mit KI noch zögert

Obwohl KI als Schlüsseltechnologie gilt, ist ihre Umsetzung im deutschen Mittelstand bisher noch begrenzt. Eine Studie von Deloitte zeigt, dass viele Unternehmen die Möglichkeiten durchaus erkannt haben: Rund drei Viertel der Befragten haben Projekte gestartet, um KI zur Automatisierung einzusetzen, ein ähnlich hoher Anteil setzt auf bessere Datenverwertung oder Beschleunigung von Prozessen. Doch der Blick auf die Praxis macht deutlich, dass viele Firmen an der konkreten und vor allem integrierten Umsetzung scheitern. Fehlende Kompetenzen und unzureichende Ausbildung stellen dabei zentrale Hindernisse dar.

Daten, Strategie und Know-how als Stolpersteine

Die größten Herausforderungen lassen sich in zentralen Bereichen verorten. Zunächst fehlt es häufig an einer klaren Strategie. KI wird als Einzelprojekt verstanden, statt in die Gesamtstrategie eingebunden zu sein. Damit fehlen nicht nur klare Zielbilder, sondern auch messbare Kennzahlen, anhand derer sich der Erfolg überprüfen ließe. Hinzu kommt das Problem der Datenqualität. Viele mittelständische Unternehmen arbeiten noch immer mit fragmentierten, zum Teil veralteten IT-Systemen, die keine verlässlichen Datenprozesse ermöglichen. Ohne hochwertige Daten ist aber kein belastbarer KI-Einsatz möglich.

Ein weiteres Hindernis ist die fehlende Expertise. KI-Projekte landen oft in der klassischen IT-Abteilung, obwohl hier ganz andere Fähigkeiten gefragt wären. Data Scientists und Softwareentwickler sind notwendig, um tragfähige Lösungen zu entwickeln. Diese Fachkräfte sind jedoch schwer zu gewinnen und noch schwerer dauerhaft in die Organisation zu integrieren – zumal KI in vielen Unternehmen nach wie vor als Bedrohung wahrgenommen wird. Auch fehlt häufig die Kompetenz, die Ergebnisse einer KI richtig zu interpretieren und im Alltag nutzbar zu machen.

Nicht zuletzt hemmt die geringe Akzeptanz in den Belegschaften viele Vorhaben. Sorgen um Arbeitsplatzverlust, gepaart mit unzureichendem Change Management, führen dazu, dass technologische Projekte zwar gestartet, aber nicht konsequent umgesetzt werden. Der gemeinsame Nenner all dieser Hindernisse ist klar: Nicht die Technologie selbst entscheidet über Erfolg oder Misserfolg, sondern Organisation, Unternehmenskultur und die Integration in bestehende Prozesse.

KI als Entlastung für Belegschaften

Der gezielte Einsatz von KI kann helfen, den Fachkräftemangel abzufedern. So ermöglicht etwa eine KI-gestützte Produktionsplanung eine effizientere Nutzung vorhandener Ressourcen, während vorausschauende Wartung („Predictive Maintenance“) dazu beiträgt, Kosten zu senken und Ausfallzeiten zu minimieren. Unternehmen können dadurch mit weniger Personal eine höhere Produktivität erzielen.

Dass der Einsatz von KI über reine Effizienzgewinne hinausgeht, zeigt eine Studie von PwC. Sie hebt hervor, dass KI nicht nur Prozesse optimiert, sondern auch Innovationskraft stärkt und datengetriebene Entscheidungen ermöglicht. Gerade für den Mittelstand, der häufig in Nischenmärkten agiert und eine hohe Flexibilität benötigt, ist dieser Aspekt zukunftsentscheidend.

Praxisbeispiel Viessmann: Service verbessern statt Jobs ersetzen

Wie der Einsatz von KI in der Praxis gelingen kann, zeigt das Beispiel Viessmann, ein führender Hersteller von Heiz- und Klimasystemen. Dort wird Künstliche Intelligenz genutzt, um Ausfälle von Heizsystemen vorherzusagen und den Energieverbrauch in Gebäuden zu optimieren. Gleichzeitig ist die KI-Lösung in den Kundendienst integriert: Techniker erhalten Handlungsempfehlungen auf Basis von Vorhersagen, wodurch Wartungseinsätze schneller und gezielter erfolgen können.

Die Ergebnisse sind eindrucksvoll. Kunden profitieren von spürbaren Energieeinsparungen, während das Unternehmen selbst durch die optimierten Prozesse eine hohe Kundenzufriedenheit erzielt. Bemerkenswert ist zudem, dass KI den Service verbessert, ohne Arbeitsplätze zu ersetzen – ein Umstand, der die Akzeptanz innerhalb der Belegschaft erhöht.

Viessmann, lange ein international erfolgreiches Familienunternehmen, setzte schon früh auf digitale Innovationen. Bereits vor dem Verkauf im Jahr 2023 war Digitalisierung und KI Teil der Unternehmenskultur und trug maßgeblich zum Wachstum bei. Mit derzeit rund 12.000 Mitarbeitenden bleibt das Unternehmen ein Beispiel dafür, wie mittelständische Firmen durch konsequente Nutzung neuer Technologien ihre Zukunftsfähigkeit sichern können.

Zwischen Chance und Risiko: Der Mittelstand am Scheideweg

Der deutsche Mittelstand steht damit an einem Scheideweg. Wer KI als strategisches Instrument versteht, kann nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit sichern, sondern auch den Folgen des Fachkräftemangels wirksam begegnen. Wer hingegen zögert, riskiert, im internationalen Vergleich zurückzufallen.

Die Potenziale sind enorm. Eine Untersuchung von IW Consult und Google prognostiziert, dass KI das Wachstum der deutschen Fertigungsindustrie um fast acht Prozent steigern könnte – was einer zusätzlichen Wertschöpfung von 56 Milliarden Euro entspricht. Um diesen Effekt zu erreichen, sind jedoch Investitionen in digitale Infrastruktur ebenso notwendig wie eine konsequente Weiterbildung der Mitarbeitenden und ein klarer strategischer Ansatz.

Investieren, qualifizieren, integrieren – der Weg zur Zukunftsfähigkeit

Entscheidend ist, dass Unternehmen KI nicht als Bedrohung wahrnehmen, sondern als Chance begreifen. Wer jetzt handelt, kann wirtschaftlicher produzieren, flexibler agieren und dem Fachkräftemangel aktiv begegnen. Wer hingegen abwartet, läuft Gefahr, von dynamischeren Wettbewerbern überholt zu werden.

Autorenprofil von unserer heutigen Gastautorin:

Birgit Heinermann (CEO Heinermann Consulting)

ist ausgewiesene Expertin für komplexe Transformation und Kulturwandel im Mittelstand und begleitet seit vielen Unternehmen bei der Entwicklung zukunftsfähiger Strategien rund um Digitalisierung, KI und Leadership. Ihre Mission ist es, Technologieverständnis mit einem tiefen Gespür für Menschen, Prozesse und unternehmerische Realität erfolgsbringend zu verknüpfen. www.heinermann-consulting.de

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