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Gebrauchtwagenreport: Mercedes S-Klasse – Der Präsident unter den Automobilen

Stuttgart. Ist der Rolls Royce der König der Autowelt, so ist die Mercedes S-Klasse ihr Präsident. Hoher Komfort, beispielhafte Sicherheitsfeatures und vor allem ein üppiges Raumangebot sichern ihm seit Jahrzehnten weltweit diesen Platz. Dabei wird gern übersehen, dass Mercedes ausgerechnet mit dem von 1998 bis 2005 gebauten Typ W220 den Schritt zurück wagte und die S-Klasse – entgegen dem allgemeinen Trend – kompakter gestaltete als ihren Vorgänger. Das freilich galt nur für die schieren Maße. In Sachen Qualität stimmen die Koordinaten, wie der TÜV-Report 2010 aufzeigt – auch wenn sich diese im Elektronik-Salat bisweilen verschieben.

Der Produktionsstart fand im Juli 1998 statt, und bis Ende 2005 wurden weltweit 485 400 Fahrzeuge dieses Typs verkauft, die meisten, 165 000, in den USA. Hierzulande entschieden sich 93 310 Käufer für die Flaggschiff-Limousine. Mit mehr als 100 000 verkauften Fahrzeugen war weltweit die Langversion des S 500 der Bestseller.

Gemeinhin lassen sich die Begriffe S-Klasse und Bescheidenheit nicht so recht in Einklang bringen. Als Mercedes den W220 an den Verkaufsstart brachte, war Maßhalten aber dringend angesagt, nachdem der Vorläufer für übermäßige Größe und Gewicht nicht aus der Kritik kam und den Spöttern durch seine klobig-klotzige Art zum automobilen Gegenstück des auch nicht filigranen Kanzlers Kohl geriet.

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Vor allem die Kritik am hohen Verbrauch und mangelnder Innovation dürfte Mercedes bewogen haben, den W220 deutlich zierlicher und eleganter zu gestalten. Erfolgreich senkten die Ingenieure Gewicht wie Luftwiderstand, und gegenüber seinem wuchtigen Vorgänger wurde beispielsweise der S320 um rund 220 Kilogramm «abgespeckt». Zusammen mit der deutlich verbesserten Aerodynamik schlug sich das beim S320 mit sechs Zylindern in einer Verbrauchsreduzierung von 13,4 auf 11,5 Liter auf 100 km/h nieder.

Nicht reduziert wurde bei der Schlankheitskur die Qualität: «Auch bei Fahrzeugen mit hoher Laufleistung funktioniert die Mechanik in aller Regel tadellos», bescheinigt TÜV-Süd-Autoexperte Philip Puls dem großen Benz. Diese Stabilität gilt allerdings nur bedingt für die aufwändige Elektronik. Vom komplexen Command-System über das Nachtsichtgerät und ab 2003 das Pre-Safe-System bis zur hochkomfortablen Luftfederung und das Mercedes-eigene Allradantriebssystem 4matic bietet die S-Klasse alles und mehr, was in der automobilen Oberklasse en-vogue ist. Gesteuert wird dies über eine hochkomplexe Elektronik, die im Alltag so ihre Tücken hat. Entsprechend zahlreich sind Klagen über verschiedenste Systemausfälle.

Auf der mechanischen Seite gibt es bei Modellen der Baujahre 2002 bis 2006 Auffälligkeiten bezüglich ausgeschlagener Gelenke an der Vorderachse, ebenso wird beim W220 aller Baujahre überdurchschnittlich oft zu großes Lenkungsspiel moniert. Hier sehen die TÜV-Prüfer allerdings einen Zusammenhang mit der hohen Laufleistung der S-Klasse: So weisen die bis zu fünf Jahre alten Fahrzeuge einen durchschnittlichen Kilometerstand von über 100 000 Kilometer auf.

Was die Preise anbelangt, bleibt auch die S-Klasse nicht vor den hohen Wertverlusten verschont, mit denen sich alle Oberklasse-Autos herumschlagen. So werden für den S 320 CDI, Baujahr 2004, mit rund 100 000 Kilometern rund 20 000 Euro aufgerufen. Als Neupreis standen für dieses hierzulande meistverkaufte Modell des W220 einst 61 500 Euro in der Liste. Schnäppchenjäger seien dennoch gewarnt, sich von vermeintlich günstigen Einstiegspreisen blenden zu lassen, denn die Unterhaltskosten für das Präsidenten-Auto sind fürstlich; allein die Reparatur einer defekten Luftfederung schlägt mit 3000 Euro zu Buche.

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