Detektiveinsätze bleiben dennoch möglich
Nach Ansicht des AGAD sollte dieses Urteil in seiner Bedeutung als absolute Einzelfallentscheidung nicht überbewertet werden
Essen – Das Bundesarbeitsgericht hat mit heutigem Urteil (8 AZR 1007/13) einer Arbeitnehmerin einen Schmerzensgeldanspruch gegen den Arbeitgeber zugesprochen. Der Arbeitgeber hatte seine Mitarbeiterin wegen Zweifeln an der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit durch einen Detektiv überwachen lassen. In dem Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht ging es nur noch um den von der Arbeitnehmerin ebenfalls geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch wegen der aus ihrer Sicht anlasslosen heimlichen Videoüberwachung in Höhe von 10.500 €. Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte ihr nur einen Teilbetrag in Höhe von 1.000 € zugesprochen.
„Dieses Urteil sollte in seiner Bedeutung als absolute Einzelfallentscheidung nicht überbewertet werden“, betont Rechtsanwalt Dr. Oliver K. – F. Klug, Hauptgeschäftsführer des AGAD – Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e. V. in Essen. „Der Arbeitgeber hatte hier keinen konkreten Verdacht einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit, sondern nur eine vage Vermutung. Dies reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eben nicht aus. Es müssen daneben konkrete Anhaltspunkte wie etwa ein vorangegangener Streit über Urlaubsgewährung oder eine weiter betriebene Nebentätigkeit hinzukommen. Sitzt der wegen Brechdurchfalls krankgeschriebene Arbeitnehmer beim Karnevalsumzug auf dem Pferd und anschließend in der Kneipe, wird der Arbeitgeber auch weiterhin ohne Schmerzensgeldrisiko einen Detektiv mit der Überprüfung beauftragen dürfen. Allerdings sollten Arbeitgeber nach diesem Urteil genau prüfen, ob ein konkreter Verdacht besteht, der sich nicht anders klären lässt.“
Die als Sekretärin der Geschäftsleitung beschäftigte Klägerin hatte sich nach einer Meinungsverschiedenheit mit dem Geschäftsführer (unverzügliche Vorlage von Produktunterlagen während einer Besprechung) arbeitsunfähig krankgemeldet. Zwischen der Meinungsverschiedenheit und der Krankmeldung lag allerdings ein Zeitraum von 2 Wochen. Nachdem sie zunächst wegen einer Bronchitis krankgeschrieben war, erfolgte eine weitere Krankschreibung wegen eines Bandscheibenvorfalls. An dieser Krankschreibung hatte der Geschäftsführer Zweifel und beauftragte einen Detektiv mit der Überprüfung. Dieser filmte die Sekretärin u.a. beim Aufsuchen eines Waschsalons und dem mehrfachen Anheben und Abstellen eines Wäschekorbes.
Die daraufhin ausgesprochenen Kündigungen wurden von beiden Vorinstanzen für unwirksam erklärt. Die Arbeitnehmerin konnte ärztliche Atteste vorlegen, aus denen sich der Bandscheibenvorfall zweifelsfrei ergab. Aus Sicht der Ärzte war auch das Aufsuchen eines Waschsalons mit dem Anheben eines Wäschekorbes unschädlich.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vollumfänglich bestätigt.