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BME: Verkehrsträger in Osteuropa müssen attraktiver werden

9. Internationaler BME/VDV-Eisenbahnkongress in Wien eröffnet

Wien – Die Länder Mittel-, Ost- und Südosteuropas haben beim Aufbau wettbewerbsfähiger Verkehrsinfrastrukturen noch viel zu tun. „Das gilt sowohl für Lkw-Transporte als auch die Beförderung der Güter auf Schiene, per Schiff oder Flugzeug“, sagte Dr. Martin Henke, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), am Dienstag in Wien zu Beginn des 9. Internationalen BME/VDV-Eisenbahnkongresses.

Henke nannte eine ganze Reihe von Faktoren, die die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in Osteuropa bremsen. So gebe es zu viele Grenzen, die einer schnellen und reibungslosen Abfertigung der Transportgüter im Wege stünden. Ferner sei der Transformationsprozess der Region, insbesondere in den Balkan-Staaten noch nicht abgeschlossen. Dort kämpfe die Wirtschaft weiter mit großen Schwierigkeiten. Davon seien auch die Staatsbahnen betroffen. Der gesamte Kontinent müsse laut Henke noch enger zusammenarbeiten, um insbesondere die Entwicklung der Eisenbahn als umweltfreundlichem und kostengünstigen Verkehrsträger voranzubringen.

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„Die Eisenbahnen Südosteuropas haben ihr Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft“, betonte Hans Günther Kersten, Frachtdirektor des Internationalen Eisenbahnverbandes (UIC). Es gäbe aber auch hoffnungsvolle Entwicklungen. So versprechen sich international tätige Industrieunternehmen und Spediteure vom Projekt „Neue Seidenstraße“ – einer Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke von China nach Europa – auch für die Balkan-Region kräftige Impulse, fügte Kersten hinzu. Das gelte auch für den Hafen Piräus, einem der größten Seehäfen Griechenlands und des Mittelmeerraums. Er werde von China systematisch als Brückenkopf für Südosteuropa ausgebaut. „Wir beobachten dieses Projekt sehr genau. Schließlich wollen davon auch die westeuropäischen Eisenbahnen profitieren“, so Kersten weiter.

„Den Straßenspediteuren ist klar, dass es in der Zukunft nicht mehr ohne den Verkehrsträger Schiene gehen wird. Dafür sorgt schon allein der immer akuter werdende Lkw-Fahrermangel“, sagte Hans Löffert vom Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV). Vor allem bei langen Transportwegen könne die Bahn ihre Vorteile gegenüber dem Lkw ausspielen. Leider ließen Transportverbindungen und Warenumschlagsplätze zwischen beiden Verkehrsträgern, insbesondere in Ost- und Südosteuropa, noch immer zu wünschen übrig. Sie seien Gegner statt Partner. Es fehlten Gateways und damit Terminals für den Kombinierten Verkehr.

Auf das nach wie bestehende wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen den Ländern Mitteleuropas und der Balkan-Region machte Ute Kochlowski-Kadjaia, Geschäftsführerin des Osteuropavereins der deutschen Wirtschaft, aufmerksam. So sei die Wertschöpfung in Deutschland, Polen oder Tschechien deutlich höher als in Serbien, Bulgarien oder Mazedonien. Das gelte auch für die Warenströme von Ost nach West. Einer ausgeglichenen Export-Import-Bilanz Mitteleuropas stehe ein in Schieflage befindlicher Außenhandel Südosteuropas gegenüber. Damit sei auch erklärbar, warum der Anteil Südosteuropas am deutschen Osthandel lediglich 14 Prozent betrage; er steige zwar seit Jahren, allerdings nur marginal. Die Region müsse in den nächsten Jahren nicht nur ihre Wirtschaft weiter voranbringen, sondern auch die Verkehrsinfrastruktur verbessern. Das bestehende Ungleichgewicht zeige sich beispielsweise in einem Vergleich zwischen Serbien und Bulgarien: Während Serbien bereits 50 Prozent seiner Warenströme über die Bahn transportiere, komme Bulgarien nur auf zwölf Prozent.

„Vernünftige Transportketten funktionieren nur, wenn alle Verkehrsträger zusammenarbeiten“, so Norbert Dierks, Nachhaltigkeits-Manager beim bayrischen Automobilhersteller BMW. Der Global Player setze in seinen Werken schon heute möglichst verschiedene Verkehrsträger zur Beförderung von Montageteilen und zum Verkauf anstehender Fahrzeuge ein. Auch die Transsibirische Eisenbahn werde von BMW genutzt. Schließlich sei man „damit 20 Tage schneller als mit dem Transport per Schiff“. Der Konzern denke zurzeit über Kombinierte Verkehre von Deutschland nach Ost- und Südosteuropa nach. Damit ließen sich nicht nur Kosten dämpfen, sondern auch CO2-Emissionen deutlich senken. Im Gespräch seien Transporte via Straße und Schiene von und nach Polen, Rumänien, Ungarn und der Türkei.

BMW stelle klare Anforderungen an einen hochwertigen KV. So müssten Preis und Qualität stimmen, Back-up-Lösungen bei Verzögerungen oder Transportausfällen gefunden, effiziente Logistiksysteme aufgebaut und technische Lösungen für das problemlose Umladen vom Lkw auf die Bahn erarbeitet werden.

Trotz nach wie vor bestehender Probleme im Transformationsprozess Südosteuropas sei die Region für BMW wichtig. „Diese Länder punkten vor allem mit ihren Lohnkostenvorteilen und ihrer geographischen Nähe zu Deutschland“, sagte Dierks auf Anfrage des BME. Die Qualität der Lieferanten stimme, die Fachkräfte seien sehr gut ausgebildet. Probleme bereite dagegen das Russland-Geschäft. Aufgrund der anhaltenden Sanktionen des Westens komme es beispielsweise im Montagewerk Kaliningrad zu empfindlichen Störungen in den Betriebsabläufen, antwortete Dierks auf eine Frage des BME.

Am Ende des ersten von zwei Veranstaltungstagen in der österreichischen Bundeshauptstadt waren sich die meisten Kongressteilnehmer einig: Die Entwicklung des Schienengüterverkehrs in Südosteuropa kommt nur schleppend voran. Die Gründe dafür, so das Ergebnis zahlreicher Fachvorträge und Diskussionsrunden, sehen Experten in der zu langsamen Liberalisierung des Schienengüterverkehrs und dem inkonsequenten Infrastrukturausbau. Die Privatisierungen der Staatsbahnen in Rumänien, Kroatien oder Bulgarien seien gescheitert und die Schiene in Osteuropa verliere weiter an Boden gegenüber den weitaus billigeren Lkw. Insgesamt hinke der Bahngüterverkehr der wirtschaftlichen Entwicklung in den einzelnen Ländern Ost- und Südosteuropas weit hinterher.

Der 9. Internationale BME/VDV-Eisenbahnkongress wird am Mittwoch fortgesetzt. Die Eröffnungsrede hält BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Feldmann.

Die Logistik-Fachtagung, an der 140 Gäste aus Politik und Wirtschaft teilnehmen, steht in diesem Jahr unter dem Motto „Schienengüterverkehr von und nach Südosteuropa“.

Quelle: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

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