Verschiedenes

Online-Handel 2021: Kommt jetzt die Digitalsteuer?

Kaum ein Thema wird die deutsche Wirtschaft im Jahr 2021 so sehr beschäftigen wie die anhaltende Krise im stationären Einzelhandel. Während Anfang Januar noch kein sicheres Ende der Corona-Maßnahmen und des Lockdowns absehbar ist, steht bereits fest, dass es ein weiteres hartes Jahr für die Geschäfte in deutschen Innenstädten werden dürfte. Zusätzlich zum Pandemieschutz wird diese Krisensituation auch durch den immer weiter wachsenden Online-Handel verstärkt, der im “Krisenjahr 2020” erwartungsgemäß seinen Marktanteil weiter vergrößert hat. Als Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen sieht Robert Habeck nach wie vor eine Digitalsteuer als wichtige Chance, um den lokalen Handel zu unterstützen und somit ein besseres Gleichgewicht zu großen Online-Händlern zu schaffen.

Amazon, Apple & Co.: Wie könnte die Digitalsteuer aussehen?

Habeck strebt bei der Digitalsteuer grundsätzlich eine globale oder europäische Lösung an, scheint im Notfall aber auch zu einem deutschen Alleingang bereit zu sein. Sein Ziel: Die großen (internationalen) Online-Händler rund um Amazon, Apple und Zalando sollen sich stärker an der Finanzierung der lokalen Infrastruktur beteiligen. Dazu gehören beispielsweise Aspekte wie Breitband-Internet und Straßenausbau – diese stellen für derartige Unternehmen einige der Grundlagen des eigenen Geschäftsmodells dar, spiegel sich bislang jedoch zu wenig in den Steuerabgaben wider.

2021-01-14-Digitalsteuer
Quelle: Claudio Schwarz – unsplash.com // https://unsplash.com/photos/q8kR_ie6WnI

“Einkaufen” ist für viele Menschen spätestens seit dem vergangenen Jahr fest mit Anbietern wie Amazon verknüpft, unterschiedliche Lebensbereiche (z. B. Finanzen / Banken) orientieren sich immer weiter in Richtung Online-Varianten und selbst Angebote für Kredit-Alternativen werden heutzutage mithilfe von virtuellen Kreditkarten von vornherein an den Online-Handel angepasst. Er wird deshalb auch weiterhin das Konsumverhalten in Deutschland zu weiten Teilen bestimmen – daran ändert wohl auch eine Digitalsteuer nichts. Anstatt den Online-Handel einschränken oder schwächen zu wollen, dürfte es Habeck & Co. viel mehr darum gehen, dass die Händler, die seit Jahrzehnten von der Steuer- und Konsumsituation in Deutschland profitieren, nun auch einen Teil zurückgeben. Diese Maßnahmen sollen nicht nur den stationären Einzelhandel unterstützen, sondern auf lange Sicht auch dabei helfen, deutsche Innenstädte wieder diverser zu gestalten und dem vorherrschenden Bild der immer gleichen Unternehmensketten entgegenzuwirken.

ARKM.marketing
     


Steuer-Vorbild Frankreich?

Der Vorwurf von Robert Habeck und vielen weiteren Digitalsteuer-Befürwortern: Die Bundesregierung habe den passenden Moment für eine (europäische) Lösung durch ihre zögerliche Herangehensweise bereits verpasst.

Vorbild für eine entsprechende Umsetzung könnte jedoch nach wie vor Nachbarland Frankreich sein. Nachdem dort bereits im Juli 2019 Beschlüsse zu einer Digitalsteuer formuliert wurden, folgten im November 2020 die ersten Steuerbescheide an große Unternehmen. Zusätzlich besteuert werden sollen alle Unternehmen, die mit “digitalen Aktivitäten” einen weltweiten Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro – davon mindestens 25 Millionen Euro innerhalb Frankreichs – erwirtschaften.

Weshalb sich die deutsche Regierung mit einem ähnlichen Ansatz bislang zögerlich verhielt, zeigen die Reaktionen aus den USA. Da ein Großteil der betroffenen Digitalkonzerne dort angesiedelt ist, drohte US-Präsident Donald Trump umgehend mit einer Steigerung von Strafzöllen um mehr als 25 %. Diese würden auf bestimmte Produkte aus Frankreich (u. a. Kosmetik und Textilien) erhoben werden und dadurch ein Handelsvolumen von mehr als 1,13 Milliarden Euro betreffen.

Nachdem infolgedessen im Januar 2020 zunächst eine Ruhepause beschlossen wurde und aufgrund der Corona-Pandemie ein Großteil der Verhandlungen ausgesetzt werden musste, blieb eine Einigung bisher aus. Die Hoffnung der französischen Regierung dürfte wohl auf einer erhöhten Verhandlungs- und Kompromissbereitschaft des zukünftigen US-Präsidenten Joe Bidens liegen. Sollte sich diese Bewahrheiten, könnte sich wohl auch die zögernde Haltung Deutschlands ändern.

Paketsteuer als Alternative?

Eine inländische Lösung, die in den vergangenen Monaten immer wieder – vor allem vonseiten der CDU/CSU – vorgetragen wurde, ist die sogenannte “Paketsteuer”. Die Grundidee: Die Online-Händler zahlen eine zusätzliche Steuerabgabe für jedes versendete Paket. Gemeinsam mit Steuergeldern sollen diese Einnahmen anschließend als “Innenstadtfonds” ebenfalls dazu genutzt werden, dem Ungleichgewicht zwischen dem Online-Handel und dem stationären Einzelhandel entgegenzuwirken sowie kommunale Infrastrukturen zu finanzieren.

Die Kritik an der Paketsteuer kommt bislang hauptsächlich von den Konsumenten. Die bisherigen Entwürfe seien zu vage formuliert und würden letztendlich die Kunden zahlen lassen. So geben die Entwurfspapiere lediglich vor, dass sich die Paketsteuer proportional nach dem Bestellwert richten soll – ob die Anbieter die Steuer zusätzlich auf ihre Produkte aufrechnen, bleibt ihnen hingegen selbst überlassen. Der Vorwurf vieler “Lockdown-Gegner”: Nachdem die Bundesregierung mit ihren Maßnahmen und fehlenden Hilfsangeboten zunächst selbst die Einzelhandels-Krise verstärkt hat, sollen nun die Bürger und Konsumenten für die Schäden aufkommen.

Der Online-Handel hat das Leben vieler Konsumenten deutlich einfacher und bequemer gestaltet – sie nun nachträglich für diese Entwicklung zahlen zu lassen, wird jedoch mit Sicherheit auf große Proteste stoßen. Zusätzlich scheint es aktuell so, als könnte der “Paketsteuer”-Entwurf auch inländische, kleinere Unternehmen betreffen. Das bedeutet, dass Einzelhändler mit einer Online-Sparte letztendlich für ihre eigene Unterstützung zahlen könnten. Eine Lösung, die vor allem diejenigen zur Kasse bittet, die tatsächlich für die Kosten aufkommen sollten, kann deshalb wohl tatsächlich erst funktionieren, wenn Deutschland die Angst vor den US-amerikanischen Strafzöllen ablegt und zu selbstbewussten Verhandlungen bereit ist.

Zeige mehr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich willige ein, dass meine Angaben aus diesem Kontaktformular gemäß Ihrer Datenschutzerklärung erfasst und verarbeitet werden. Bitte beachten: Die erteilte Einwilligung kann jederzeit für die Zukunft per E-Mail an datenschutz@sor.de (Datenschutzbeauftragter) widerrufen werden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"