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M&A Rekordjahr weltweit – Deutschland verliert an Fahrt

Frankfurt – Auf dem deutschen M&A-Markt der Transport- und Logistikbranche herrscht derzeit wenig Bewegung: Das Transaktionsgeschehen ist überwiegend geprägt von kleinen Deals; im gesamten Jahr 2015 gab es nur sechs Deals mit einem Volumen über 50 Millionen US-Dollar. Der Blick in die Nachbarländer zeigt hingegen ein anderes Bild: Auf Europa entfielen insgesamt 75 Transaktionen, davon 63 mit europäischen Targets im Gesamtwert von fast 34 Milliarden US-Dollar (local und inbound Deals). Weltweit hat das Gesamtvolumen mit 180,1 Milliarden US-Dollar einen Rekordwert erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr hat es sich mehr als verdoppelt (2014: 85,5 Milliarden US-Dollar). Während die Zahl der Transaktionen insgesamt mit 226 etwa auf Vorjahresniveau liegt (2014: 230), haben 29 Megadeals, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr (13), das Dealvolumen in die Höhe getrieben.

Das sind zentrale Ergebnisse der PwC-Analyse „M&A in der Transport- und Logistikbranche 2015“. Die Erhebung umfasst alle Käufe, Fusionen und Übernahmen mit einem Transaktionsvolumen ab 50 Millionen US-Dollar, die im Jahr 2015 angekündigt wurden.

Europa im Visier der Investoren – Logistiker gefragt

Europäische Targets standen 2015 bei den Investoren hoch im Kurs. Von den 63 Deals mit europäischen Targets waren 22 sogenannte Inbound-Deals, bei denen der Käufer aus anderen Weltregionen stammt. Allein diese führen zu einem Investitionsvolumen von insgesamt fast 20 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Verdopplung der Anzahl und einen sechsfach höheren Gesamtwert der Inbound Deals (2014: 11 Deals / 3,5 Milliarden US-Dollar). „Innerhalb des gesamten europäischen Transaktionsgeschehens war der Logistiksektor besonders attraktiv, was die hohe Zahl der Transaktionen (23), aber auch einige große Deals beweisen. Strategische Investoren erschließen jetzt neue Märkte, erweitern ihr Service-Portfolio oder streben eine tiefere Durchdringung bestehender Märkte an, “ sagt Dietmar Prümm, Leiter des Bereichs Transport und Logistik bei PwC in Deutschland. Bemerkenswert sind auch einige transatlantische Deals, etwa die geplante Übernahme des niederländischen Logistikkonzerns TNT Express durch das US-amerikanische Unternehmen FedEx oder der Kauf des französischen Unternehmens Groupe Norbert Dentressangle durch den amerikanischen Logistikdienstleister XPO Logistics. In der Gegenrichtung drängen beispielsweise DSV und Géodis in den US-Markt durch die Zukäufe der US-Spedition UTi Worldwide bzw. des Logistikers Ozburn-Hessey Logistics (OHL).

M&A-Markt in Deutschland immer schwächer

Im Gegensatz zum M&A-Boom in Gesamt-Europa ist in Deutschland wenig M&A-Aktivität zu verzeichnen. Der deutsche M&A-Markt war 2015 durch kleine Deals mit einem Volumen von unter 50 Millionen US-Dollar geprägt. Bei nur sechs Deals wurde diese Grenze überschritten. Eine Ausnahme stellt die Beteiligung des Flughafenbetreibers Fraport an 14 Regionalflughäfen in Griechenland dar (Dealvolumen 1,54 Milliarden US-Dollar). Dietmar Prümm: „Während einige europäische und nordamerikanische Investoren mittels Akquisitionen ihre Wachstumsstrategien verfolgen, üben sich die deutschen Unternehmen der Branche in Zurückhaltung. Einige sind mit operativen Herausforderungen oder der Integration vergangener Übernahmen beschäftigt. Andere sind inzwischen gut aufgestellt, setzen auf organisches Wachstum und halten sich daher mit neuen Akquisitionen zurück.“

China verdreifacht Dealvolumen – Megadeals in der Schifffahrt

Ein wesentlicher Treiber der Marktkonsolidierung in Transport und Logistik bleibt China. Das Dealvolumen mit Beteiligten aus China hat sich mit 35,8 Milliarden US-Dollar im Vorjahresvergleich verdreifacht (2014: 12 Milliarden US-Dollar). Die Mehrzahl der Deals mit chinesischen Beteiligten betrifft auch in diesem Jahr wieder lokale Deals, bei denen sowohl Käufer als auch Target aus China beziehungsweise Hong Kong stammen. Aber auch fünf Megadeals aus den Segmenten Luftfahrt und Logistik sind für das hohe Niveau verantwortlich. Hier zeigen sich die Ambitionen der chinesischen Regierung, in unterschiedlichen Branchen staatliche Großunternehmen zu fusionieren, um im weltweiten Wettbewerb – so in der Schifffahrt und im Luftverkehr – zu bestehen. Beispiele sind die angestrebten Zusammenschlüsse von COSCO und China Shipping sowie China Merchants Group und Sinotrans & CSC – nachvollziehbare Schritte nach der bereits abgeschlossenen Fusion von Hapag Lloyd und CSAV und der angekündigten Übernahme von NOL durch CMA CGM. China folgt damit dem weltweiten Trend: große Reedereien schließen sich zusammen, um – nach einigen schweren Krisen in den vergangenen Jahren – für die weitere ungewisse konjunkturelle Entwicklung gewappnet zu sein. Weltweit schlossen Unternehmen in diesem Sub-Sektor 52 Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von 32,6 Milliarden US-Dollar ab. Neben der Seefracht ist das Kreuzfahrtgeschäft zu einem lohnenden Investitionsfeld geworden und hat sich in den vergangenen Jahren als vergleichsweise stabil erwiesen.

Moderate M&A-Aktivität in der Luft und auf der Schiene

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Fluglinien: Vor allem stechen die zwei einzigen Megadeals in diesem Segment ins Auge, bei denen chinesische Unternehmen sowohl auf der Bieter- als auch auf der Targetseite auftreten. In vier weiteren Deals sind chinesische Airlines im Visier der Investoren. Insgesamt ist die Zahl der Transaktionen im Luftverkehr mit 33 Deals konstant geblieben. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 waren es 32 Deals. Das Gesamtvolumen übersteigt die Werte der vergangenen Jahre mit 33,5 Milliarden US-Dollar aber deutlich. Das liegt vor allem an einem Megadeal um die Konzession am Flughafen im japanischen Osaka.

Im internationalen Schienenverkehr gab es im Verlauf des Jahres nur neun Transaktionen, allerdings mit einem enorm hohen Gesamtvolumen von 31 Milliarden US-Dollar, das sich vor allem durch die angekündigte Übernahme der Bahngesellschaft Norfolk Southern durch Canadian Pacific Railway mit einem Wert von fast 28 Milliarden US-Dollar ergibt.

Verkehrsinfrastruktur-Targets erzielen Rekordpreise

Verkehrsinfrastruktur-Targets bleiben begehrt, vor allem bei Finanzinvestoren. Das gilt insbesondere für Flughäfen und Häfen, die als vergleichsweise sichere Anlageform gelten. Zusammen mit dem Vorhandensein großer Mengen Kapital bei Finanz- und einigen strategischen Investoren begünstigt dies zahlreiche Abschlüsse zu Preisen, die 2015 mit Sales Multiples von 4,4 (Flughäfen) und 6,3 (Häfen) deutlich über dem Median der letzten 10 Jahre liegen.

Insgesamt war das M&A-Jahr 2015 in Transport und Logistik geprägt von einigen bemerkenswerten Megadeals. Die von PwC für 2015 prognostizierte Belebung des M&A-Geschäfts im Vergleich zu 2014 hat sich vor allem in der deutlichen Erhöhung des Dealvolumens bestätigt. Der Blick nach vorn lässt weitere Konsolidierungsschritte in der Transport- und Logistikwirtschaft erwarten. Amerikanische Investoren könnten von der Zinspolitik der US-Notenbank profitieren, aber auch Investoren in anderen Regionen, insbesondere Finanzinvestoren, verfügen nach wie vor über erhebliche Mittel für Akquisitionen. Gleichwohl werden sich einige Marktteilnehmer, die 2015 größere Akquisitionen getätigt haben, zunächst auf die Integration ihrer neuen Zukäufe konzentrieren. Es wirken also unterschiedliche Kräfte im Transport- und Logistikmarkt, die eine Stabilisierung des M&A-Geschehens auf hohem Niveau erwarten lassen.

Quelle: M&A in der Transport- und Logistikbranche 2015, Januar 2016

Veröffentlicht von:

Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche gehört seit 2009 der Redaktion Mittelstand-Nachrichten an. Sie schreibt als Journalistin über Tourismus, Familienunternehmen, Gesundheitsthemen, sowie Innovationen. Alexandra ist Mitglied im DPV (Deutscher Presse Verband - Verband für Journalisten e.V.). Sie ist über die Mailadresse der Redaktion erreichbar: redaktion@mittelstand-nachrichten.de

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