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Finanzdienstleister schöpfen Potential von Nachhaltigkeit für Kundenbindung nicht aus

München — Schon vor der Bankenkrise mehrten sich die Stimmen, die nachhaltige Unternehmensstrategien und Finanzprodukte forderten. Acht Jahre später sind die Anforderungen in diesem Bereich merklich gestiegen: Kunden achten inzwischen sorgfältig darauf, ob ihr Finanzdienstleister sich glaubwürdig für Nachhaltigkeit einsetzt. Der Aufbau eines positiven Nachhaltigkeitsimages ist für Finanzinstitute damit unerlässlich. Umso wichtiger ist es, dass der Finanzsektor die Umweltbilanz seiner Produkte kritisch überprüft, gesellschaftliches Engagement beweist und in der Kommunikation gegenüber seinen Kunden transparent ist – eine Herausforderung für die Branche, wie die aktuelle Studie „Turning the Page” des Münchner Marktforschungsinstituts Facit Research belegt: Denn Handlungsbedarf besteht bei allen in der Untersuchung berücksichtigten Unternehmen, die – vor allem in der Kundenbindung – das Potenzial ihres Nachhaltigkeitsimages nicht voll ausschöpfen. Analysiert wurden die zehn Finanzdienstleister mit den derzeit höchsten Mediaspendings, also jene zehn Unternehmen, die am meisten in Kommunikationsmaßnahmen investieren.

Das Ergebnis: Die mehr als 3.000 befragten Konsumenten schätzen easyCredit als am nachhaltigsten ein. Der Ratenkreditgeber belegt mit 69,23 Indexpunkten den ersten Platz, dicht gefolgt von den Volks- und Raiffeisenbanken mit 69,19 und der ING-DiBa mit 68,87 Indexpunkten. Auf den letzten beiden Plätzen landen mit 57,77 Indexpunkten die Postbank sowie mit 55,28 Indexpunkten die Deutsche Bank. Die Spanne zwischen Deutscher Bank und easyCredit ist mit 14 Punkten sehr groß. Die Ratenkreditgeber Targobank und Santander landen respektive auf Platz fünf und sechs – und damit im Mittelfeld des Rankings.

Quelle: Serviceplan
Quelle: Serviceplan

Nachhaltigkeit und Image haben starken Einfluss auf Kundenloyalität

Was macht Nachhaltigkeit im Banking aus? „Bei der ökonomischen Nachhaltigkeit ist es vor allem wichtig, Investments in nachhaltige Geschäftsmodelle zu lenken und nicht in kurzfristig orientierte”, erläutert Yvonne Zwick, wissenschaftliche Referentin beim Rat für Nachhaltige Entwicklung in Berlin. In den Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit falle laut der Expertin, Umweltaspekte bei Investments zu berücksichtigen, beispielsweise indem man erneuerbare Energien ausbaut oder selbst Ressourcenschonung betreibt. Bei sozialer Nachhaltigkeit sieht sie die Achtung der Menschenrechte und das Verhalten in Konfliktfällen als maßgebend an. Engagement beim Thema Nachhaltigkeit hat klare wirtschaftliche Vorteile: Wird eine Bank oder ein Ratenkreditgeber als nachhaltig wahrgenommen, verbessert sich die Kundenbeziehung. Yvonne Zwick sieht darin einen Trend: „Der Einfluss der Nachhaltigkeit eines Finanzdienstleisters auf die Loyalität seines Kunden steigt kontinuierlich. Die Vorteile sind in erster Linie Kundenbindung und politische Sichtbarkeit.”

Ökologie ist der wichtigste aber nicht alleiniger Treiber des Nachhaltigkeitsimages

Den größten Einfluss auf das Nachhaltigkeitsimage der Finanzbranche haben aus Sicht der Befragten ökologische Aspekte wie Anlageprodukte (Platz 1 von 10) und das Engagement für Umweltschutzthemen (Platz 2), gefolgt von sozialen Aspekten wie dem fairen Umgang mit Kundenreklamationen (Platz 3) und dem karitativen Engagement (Platz 4). Das Image der Finanzdienstleister wird damit von einer gesunden Mischung ökologischer, ökonomischer und sozialer Treiber geprägt. Dies ist insofern interessant, als dass in vielen anderen Branchen keine so ausgewogene Mischung aller drei Nachhaltigkeitssäulen vorhanden ist und ökologische Treiber deutlich häufiger unter den Top-10 vertreten sind – das zeigt zum Beispiel auch der jährlich von Facit Research herausgegebene „Sustainability Image Score” (http://sp-url.com/sis2016).

Nur etwa ein Drittel der Deutschen fühlt sich über die Aktivitäten und die wirtschaftliche Lage ihres Finanzdienstleisters gut informiert

Die Umfrage zeigt, dass die befragten Kunden sich mehr Transparenz wünschen. Der Wunsch nach mehr und vor allem besserer Kommunikation spiegelt sich auch in Teilbereichen anderer Nachhaltigkeitsdimensionen wider: So geben etwa 36 Prozent der Befragten an, über das karitative Engagement ihrer Finanzdienstleister nicht genug Informationen zu erhalten. Ebenfalls nur ein Drittel der befragten Kunden (35 Prozent) fühlt sich über Aktivitäten und die wirtschaftliche Lage ihres Finanzinstituts ausreichend und umfassend informiert. Dabei stehen diese Aspekte an vierter und siebter Stelle der wichtigsten Treiber des Nachhaltigkeitsimages.

Oliver Frenzel, Geschäftsleiter Facit Research und Kopf hinter der Studie begründet das wie folgt: „Gerade im Bereich sozialer Nachhaltigkeit ist es für viele Finanzdienstleister glaubwürdig, sich zu engagieren – und viele tun das bereits. Aber sie kommunizieren es noch zu wenig. Besonders in diesem Punkt bietet es sich an, Kunden zu integrieren und in das Engagement miteinzubeziehen.”

Vieles deutet darauf hin, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Finanzbranche in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird. Finanzdienstleister können mit dem Thema Nachhaltigkeit glaubhaft die Kundenbindung stärken. Die Studie zeigt, dass dies am besten gelingt, wenn ökologische, ökonomische und soziale Aspekte möglichst gleichmäßig verankert sind. Vor allem im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit besteht hier bei vielen Unternehmen noch deutlicher Handlungsbedarf.

Quelle: Serviceplan

Veröffentlicht von:

Despina Tagkalidou
Despina Tagkalidou
Despina Tagkalidou ist Mitglied in der MiNa-Redaktion und schreibt über Wirtschaftsverbände, Macher im Mittelstand, Produkte + Dienstleistungen, Digitale Wirtschaft und Familienunternehmer.
Mail: redaktion@mittelstand-nachrichten.de

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