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BME: Deutsche Wirtschaft verliert deutlich an Fahrt

Frankfurt/Main – Die deutsche Industrie hat im Februar deutlich an Fahrt verloren und ist kaum noch gewachsen. Das signalisiert der finale saisonbereinigte Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der auf ein 15-Monatstief abrutschte, gegenüber Januar 1,8 Punkte einbüßte und bei 50,5 landete. Damit notiert das viel beachtete Industrie- und Konjunkturbarometer nur noch knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Alle fünf in die Berechnung des Hauptindex einfließenden Teilindizes trugen zum Indexrückgang bei. Der EMI spiegelt das Ergebnis der Februar-Umfrage zur Konjunkturlage im deutschen Verarbeitenden Gewerbe in einem Wert wider.

Die gedämpfte Binnen- und Exportnachfrage war einer der Hauptgründe für den markanten Abschwung des Industriesektors. Diese beiden Subkomponenten zum Auftragseingang wiesen die niedrigsten Zuwachsraten seit sieben Monaten aus. Am stärksten davon betroffen war laut Umfrageergebnissen der Vorleistungsgüterbereich.

„Angesichts des 15-Monatstiefs des EMI scheint dem deutschen Industriesektor offensichtlich die Puste auszugehen. Dafür sorgten die anhaltend niedrigen Energie- und Rohstoffpreise dafür, dass die durchschnittlichen Einkaufspreise kräftig zurückgingen“, betonte Dr. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Dienstag in Frankfurt.

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„Die Erwartungen in der deutschen Industrie haben sich laut EMI zuletzt deutlich eingetrübt. Eine schlechtere Stimmung ist derzeit fast überall wahrzunehmen“, sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, dem BME. Dies sollte aber nicht als Vorbote einer Rezession gesehen werden. Vielmehr seien die Chancen groß, dass der Wendepunkt nach oben unmittelbar bevorstehe. Im Januar korrigierten die Aktienmärkte deutlich nach unten. Traud: „Die Stimmung an den Märkten und bei den Unternehmen zog nach. Im Februar erholten sich die Aktienmärkte aber schon wieder. Auch die Rohstoffpreise scheinen ihren Boden gefunden zu haben.“ In den Zyklen seit 1965 erreichten deutsche Aktien drei Monate vor dem Tief der Stimmungsindikatoren ihren Boden. Sollte das in diesem Jahr auch so sein, werde der nächste EMI vermutlich noch einmal schwächer. Aber spätestens im April sollte es nach Ansicht der Helaba-Bankdirektorin wieder nach oben gehen.

Nach Ansicht von Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank „stammen die Schwierigkeiten in der Weltwirtschaft aus dem Industriesektor“. Die weltweite Industrieproduktion sei in der Krise – teilweise wegen schleppender Nachfrage und teilweise wegen der in den vergangenen Jahren aufgebauten Überkapazitäten, insbesondere in Schwellenländern. Das spüre nun auch die deutsche Industrie. Den hiesigen Industrieunternehmen werde in diesem Jahr der Wind verstärkt ins Gesicht blasen. „Dagegen laufen die Dienstleistungen weiterhin rund. Für die gesamte Konjunkturentwicklung gleichen sich diese Effekte in etwa aus. Insgesamt bleibt Deutschland auf Wachstumskurs“, sagte Kater dem BME.

„Die konjunkturelle Gangart hat sich spürbar verlangsamt“, kommentierte DIHK-Konjunkturexperte Dr. Dirk Schlotböller die aktuellen EMI-Daten. Die deutsche Industrie sei auf eine dynamische Investitionsentwicklung im In- und Ausland angewiesen; ihr stünden allerdings derzeit weltweit zu viele Risiken entgegen. Hauptkonjunkturtreiber bleibe der niedrige Benzinpreis, der vor allem den privaten Konsum befördere. „Das spiegelt sich weniger in den Industriezahlen, sondern vor allem in anderen Branchen wie dem Gastgewerbe oder auch dem Bau wider. Alles in allem dürfte es in diesem Jahr damit nur für ein BIP-Wachstum von 1,3 Prozent reichen“, sagte Schlotböller dem BME.

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Industrieproduktion: Die Produktionssteigerungsrate schwächte sich im Februar markant ab und fiel so niedrig aus wie zuletzt im Dezember 2014. Besonders schleppend verlief das Produktionstempo wegen der gedämpften Nachfrage im Konsum- und Vorleistungsgüterbereich, während im Investitionsgüterbereich etwas mehr produziert wurde als im Januar.

Auftragseingang: Der Teilindex wies im Februar zwar das niedrigste Plus seit sieben Monaten aus, lag damit aber noch weitgehend auf dem Vorjahresdurchschnittswert. Nachgelassen hat im Berichtsmonat nicht zuletzt die Exportnachfrage. Immerhin verbuchten sowohl Global Player als auch KMU zum 15. Mal hintereinander einen Zuwachs.

Das Exportorderplus fiel ebenfalls auf ein Sieben-Monatstief. Leichte Zuwächse vermeldeten im Februar die Konsum- und Investitionsgüterhersteller, während es im Vorleistungsgüterbereich sogar zu Einbußen kam.

Beschäftigung: Erstmals seit eineinhalb Jahren kam es in der deutschen Industrie wieder zu einem geringfügigen Stellenabbau, was die Befragten mit dem Auslaufen von Zeitarbeitsverträgen, Rationalisierungen und Kapazitätsanpassungen begründeten. Bei knapp 14 Prozent der Befragten wurde die Belegschaft verringert.

Einkaufs-/Verkaufspreise: Infolge der niedrigen Energie- und Rohstoffpreise gingen die durchschnittlichen Einkaufspreise im Berichtsmonat zum siebten Mal hintereinander und so stark zurück wie zuletzt während der Finanzkrise. Über ein Drittel der Befragten berichtete von rückläufigen Einkaufspreisen.

Der zweite Rückgang der Verkaufspreise in Folge fiel so kräftig aus wie seit über zweieinhalb Jahren nicht mehr. Ausschlaggebend hierfür war laut Umfrageteilnehmern der anhaltende Preisverfall bei Einstandsmaterialien, der damit zumindest teilweise an die Kunden weitergegeben wurde.

Der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, Henley-on-Thames, erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).

Quelle: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

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