Falsches Recruiting: keine Rechnung, aber die Quittung
Die unsichtbaren Kosten mangelnder Arbeitgeberattraktivität
Wer im Recruiting spart, zahlt doppelt – und zwar nicht selten mit Zins und Zinseszins. Auf den ersten Blick scheint es verlockend: Schnell jemanden einstellen, Lücke schließen, endlich wieder Kapazität schaffen. Doch wer die falsche Person auswählt oder die richtigen Menschen falsch behandelt, produziert Kosten, die in keiner Bilanz auftauchen, ein Unternehmen aber nachhaltig schwächen. Für Fehler im Recruiting bekommen Unternehmen keine Rechnung, wohl aber die Quittung. Die verdeckten Kosten erreichen schnell sechsstellige Beträge auch in kleinen Unternehmen.
Attraktive Arbeitgeber definieren Erwartungen
Das gilt für den Recruiting-, Einstellungs- und Onboarding-Prozess selbst, aber noch viel mehr dann, wenn man als Arbeitgeber ohnehin nicht attraktiv ist. Denn dann kommen die guten Mitarbeiter erst gar nicht und nahezu jede Stellenbesetzung ist zwangsläufig falsch. Wer also rekrutiert, muss einige Hausaufgaben vorher erledigt haben – ein attraktiver Arbeitgeber sein, der seinen Mitarbeitern etwas bietet, der jedoch klare Vorgaben zu machen in der Lage ist. Nur wer weiß, wer er ist, kann auch definieren, was zu ihm passt. Erwartungsmanagement nennt man das. Dieses zu entwickeln und zu steuern ist ein Aspekt, der einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht.
Jede Fehlentscheidung kostet Geld
Doch zurück zum eigentlichen Recruiting. Falsche Entscheidungen im Recruiting sind keine Seltenheit. Der neue Mitarbeiter passt fachlich nicht, das Team reibt sich an seiner Art, die Leistung bleibt hinter den Erwartungen zurück. Nach einigen Monaten folgt die Ernüchterung – und irgendwann die Kündigung, ob von Seiten des Arbeitgebers oder des Mitarbeiters ist dabei fast zweitrangig. Es passt einfach nicht, weil Erwartungen enttäuscht wurden oder von vornherein die intrinsische Motivation des Arbeitnehmers nicht in dem Maße vorhanden war, wie zunächst anzunehmen. Was dann folgt, ist teuer: erneute Suche, Auswahlverfahren, Vertragsabwicklung, Einarbeitung einer neuen Person. Jede dieser Phasen kostet Zeit, Nerven und bares Geld.
Ein Problem nur für den Arbeitgeber
Für den Mitarbeiter ist das auf einem Arbeitnehmermarkt weniger ein Problem. Ein anderer Arbeitgeber wartet mutmaßlich um die Ecke. Und wenn nicht, sorgt der Sozialstaat für Entlastung. Ein Problem ist es nur für den Arbeitgeber. Ihm drohen unzufriedene Kunden, Überlastung der verbleibenden Kollegen und eben die Kosten für die neue Suche.
Unattraktive Arbeitgeber provozieren innere Kündigungen
Noch teurer wird es, wenn der Mitarbeiter zwar bleibt, aber innerlich längst gekündigt hat. Dienst nach Vorschrift, minimale Eigeninitiative, keine Lust auf Verantwortung. Diese „leisen Kündigungen“ sind das unsichtbare Gift jeder Organisation. Sie senken Produktivität, demotivieren das Umfeld und blockieren Chancen. Eine solche Phase kann sich über Monate oder Jahre ziehen – ohne dass sie in Zahlen direkt sichtbar ist, aber mit massiven Folgen für Leistung, Kultur und Kundenbeziehungen.
Leistung wertschätzen
Hinzu kommen die verdeckten Nebenkosten eines verfehlten Personalmanagements, das den meisten unattraktiven Arbeitgebern innewohnt.: Fehlende Wertschätzung, mangelhafte Kommunikation, chaotische Prozesse oder ein unklarer Führungsstil führen dazu, dass Talente gehen – und zwar die besten zuerst. Gute Leute wollen nicht einfach nur beschäftigt werden, sie wollen wirken, gestalten und sich entwickeln. Wer das als Arbeitgeber nicht bietet, verliert. Auch das gehört zum Erwartungsmanagement: Leistung muss sich lohnen und entsprechend wertgeschätzt werden.
Strategische Investitionen in die Arbeitgeberattraktivität
Die Lösung ist so einfach wie anspruchsvoll: Recruiting, Personalführung und Ausgaben für Benefits müssen als strategische Investition in die Arbeitgeberattraktivität verstanden werden – nicht als lästige Pflicht oder Kostenstelle. Wer Zeit, Sorgfalt und Professionalität in Auswahl, Einarbeitung und Bindung seiner Mitarbeiter steckt, spart langfristig Geld, Ärger und Fluktuation.
Nicht irgendjemanden, sondern Loyale und Motivierte
Attraktive Arbeitgeber wissen: Es geht nicht darum, irgendjemanden zu finden – sondern die Richtigen anzuziehen. Menschen, die passen, wollen, können und bleiben. Wer diese Haltung lebt, erspart sich teure Irrwege – und gewinnt genau das, was kein Geld der Welt kaufen kann: Loyalität, Motivation und nachhaltigen Erfolg.
Autorenprofil:
Reiner Huthmacher ist MiNa-Kolumnist seit mehr als 30 Jahren Unternehmer und Geschäftsführer mit umfassender Expertise in der Personal- und Versicherungsbranche. Als Entwickler des Spezialkonzeptes „Das kleine 1×1 der Mitarbeiterbindung und Mitarbeitergewinnung” sowie als Bezirksdirektor der Gothaer Versicherung wird er als Vortragsredner häufig gebucht. Er hat schon in zahlreichen Betrieben in ganz Deutschland für mehr Motivation und Begeisterung in den Belegschaften gesorgt. Oft hat er sogar dafür sorgen können, dass Bewerber weitere Bewerber geworben haben.


