Finanzen

Bauen in Zeiten der Niedrigzinslage – Aufklärung bietet Schutz vor übereilter Finanzierung

Miete oder Eigenheim. Diese Frage stellen sich in den vergangenen Jahren viele. Laut einer aktuellen Studie ist die Antwort klar: Die Investition in die eigenen vier Wände lohnt sich. Die Mieten steigen und die Zinsen für Baufinanzierungen befinden sich auf einem historischen Tief. Nicht verwunderlich, dass der Neubau verlockend wirkt. Um sich vor Überschuldung zu schützen, müssen potenzielle Bauherren die Entscheidung dennoch gründlich überdenken.

Studie bestätigt: Mieter sind im Nachteil

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Dass Bauen oder Kaufen eines selbstgenutzten Gebäudes derzeit günstiger ist als Miete zu zahlen, verdeutlicht die aktuelle Studie „Wohnen in Deutschland 2019“ vom Verband der Sparda-Banken e. V. in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln e. V. (wir berichteten). Demnach hat das Niedrigzinsniveau unter Mietern als Motiv hinsichtlich eines Immobilienerwerbs an Bedeutung zugelegt. Bei einer Investitionssumme von 264.000 Euro (durchschnittlicher Kaufpreis für Immobilien 2018) und einer Eigenkapitalquote von 30 Prozent beträgt die Zinsersparnis gegenüber 2008 inzwischen bei rund 72.500 Euro. Dennoch gilt: Eine Finanzierung muss sorgfältig geplant und solide aufgestellt sein, um langfristig Bestand zu haben. Viele übernehmen sich aufgrund der Niedrigzinslage und bauen Häuser, die über ihrem finanziellen Budget liegen. Die Tilgung lässt sich zu Beginn oft gerade so stemmen. Spätestens dann, wenn nach den ersten 10 bis 15 Jahren die Zinsbindung endet und ein neuer Darlehensvertrag nötig wird, beginnen die Probleme. Um einer Insolvenz vorzubeugen, müssen sämtliche Kosten, die mit dem Neubau in Verbindung stehen präzise kalkuliert und den realistischen Einnahmen des Haushalts gegenübergestellt werden. Die Plattform NIST Wissen klärt mit unabhängigen Finanzierungsexperten über das Thema Baufinanzierung auf und hilft bei der Berechnung von Finanzierungsszenarien. In diversen Ratgebern werden Leser über diverse Finanzierungsfaktoren wie Fördermöglichkeiten, Umschuldung und Tilgung informiert. Auf dem Onlineportal können potenzielle Bauherren außerdem einen Baufinanzierungsrechner benutzen und kalkulieren lassen, wie hoch das Darlehen für eine realistische Finanzierung des Bauvorhabens sein müsste. Dabei werden unter anderem Nettoeinkommen und Eigenkapital einbezogen. Nach Eingabe sämtlicher erforderlicher Daten ermittelt das System aus mehr als 400 Kreditinstituten die attraktivsten Angebote. Ein derartiger Vergleich auf Basis des finanziellen Ist-Zustands ist wichtig, um sich einen Überblick über das Machbare zu verschaffen. Eine Baufinanzierung darf keine Milchmädchenrechnung auf Basis geschönter Zahlen sein. Ansonsten droht schnell das finanzielle Aus.

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Empfehlungen für eine solide Finanzierung

Zunächst müssen Einnahmen und Eigenkapital kritisch geprüft werden. Mindestens 20 Prozent der Gesamtkosten einer Immobilie sollten in Form von Eigenkapital bereitstehen. Im Idealfall sind es 30 Prozent. Auch beim monatlichen Nettoeinkommen ist Vorsicht geboten. Oft wird keinerlei Puffer für unvorhergesehene Ausgaben eingeplant. Ein leichtsinniger Fehler, der meist dazu führt, dass die monatliche Tilgung zu hoch angesetzt wird. Sinken die Einnahmen oder steigen die monatlichen Fixkosten, lässt sich das Darlehen nicht mehr zurückzahlen.

Ist die nötige Summe an Eigenkapital verfügbar, gilt es die Ausgaben für den bevorstehenden Hausbau aufzuführen. Am besten schriftlich. Gerade bei den Baunebenkosten wird gern fahrlässig gerechnet. 15 Prozent der Gesamtkosten sollten bei der finanziellen Planung das Minimum sein. Baunebenkosten sind beispielsweise in folgenden Etappen denkbar:

  1. Phase: Grundstückskauf – Beispiele: Grundbucheintrag, Grunderwerbssteuer, Notar, Makler
  2. Phase: Bau – Beispiele: Vermessung, Abriss, Altlasten, Erschließungskosten, Baugenehmigung, Bodengutachten, Baustraßenerrichtung, Prüfstatiker, Baugutachten, Bauherrenhaftpflicht
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Sparpotenzial ergibt sich hinsichtlich der Baunebenkosten mit Eigenleistungen. Menschen mit handwerklichem Geschick oder fleißigen Helfern, können durch die Übernahme diverser Arbeiten am Bau die Kosten merkbar senken. Typische Eigenleistungen mit relativ geringem Anspruch an das Know-how sind unter anderem:

  • Verlegen von Laminat und Teppichböden
  • Gartengestaltung
  • Maler- und Tapezierarbeiten
  • Rigips-Platten verlegen, verspachteln und schleifen (Trockenbau)

Doch auch hier besteht die Gefahr der Selbstüberschätzung. Der Wunsch nach Einsparungen darf keinesfalls zu Baumängeln aufgrund von ungenügenden Fachkenntnissen führen. Kommt es im Nachhinein zu Mehrkosten, weil letztlich doch ein Handwerker beauftragt werden muss, kann das die gesamte Finanzplanung gefährden.

Um den Baukredit auch nach Ablauf der Zinsbindung bedienen zu können, muss bereits bei der Entscheidung für einen Neubau das Risiko steigender Zinsen einbezogen werden. Lässt es das monatliche Einkommen zu, liegt es nahe die Tilgung hoch anzusetzen, um das Fremdkapital möglichst schnell zurückzuzahlen. Eine lange Zinsbindung beziehungsweise lange Vertragslaufzeit kann helfen die Risiken zu minimieren, weil die monatlichen Ausgaben für die Tilgung besser planbar werden. Allerdings gilt es zu bedenken, dass bei einer langfristigen Zinsbindung nicht von sinkenden Zinsen profitiert werden kann. Ein sinnvolles Verhältnis zwischen Vertragslaufzeit und Tilgung zu finden, ist eine der größten Herausforderungen.

Auch die Verbraucherzentrale warnt online vor übereilten Entscheidungen. Unter anderem raten die Experten von Kombiprodukten ab, die Immobilienfinanzierungen in Verbindung mit der Investition in Aktienfonds oder Aktien schmackhaft machen. „Die Kurse an den Börsen kennen nicht nur den Weg nach oben. Auch bei fallenden Kursen müssen sie den laufenden Kredit weiter bedienen“, so die Verbraucherzentrale im Ratgeber rund um Niedrigzinsen.

Veröffentlicht von:

Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche gehört seit 2009 der Redaktion Mittelstand-Nachrichten an. Sie schreibt als Journalistin über Tourismus, Familienunternehmen, Gesundheitsthemen, sowie Innovationen. Alexandra ist Mitglied im DPV (Deutscher Presse Verband - Verband für Journalisten e.V.). Sie ist über die Mailadresse der Redaktion erreichbar: redaktion@mittelstand-nachrichten.de

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