Erstmals persönliche Haftung bei DSGVO-Verstop für einen Vereinsvorstand! –
Duisburg. Das Arbeitsgericht Duisburg hat mit seinem Urteil vom 26.09.2024 (Az. 3 Ca 77/24) eine neue Ära der persönlichen Haftung für Datenschutzverstöße eingeläutet.
10.000 EUR persönliche Strafe wegen DSGVO Verstoß!
Wie der Datenschutzexperte Sven Oliver Rüsche in einem Blogbeitrag analysiert, zeigt der Fall, dass bereits ein vermeintlich kleines Versehen – hier die Weitergabe des Krankenstands eines Mitarbeiters an 10.000 Vereinsmitglieder – zu einer 10.000-€-Schadensersatzforderung aus der Privatschatulle führen kann. Für HR-Verantwortliche ist dies ein Weckruf: Der Umgang mit Gesundheitsdaten erfordert höchste Sensibilität und klare Prozesse.
Der Fall und seine Bedeutung für den Gesundheitsdatenschutz
Der Vorfall scheint auf den ersten Blick banal: Eine Vereinsvorsitzende informierte per E-Mail über den Krankenstand eines Technischen Leiters und stellte dessen Erkrankung implizit infrage. Das Gericht wertete dies jedoch als Verstoß gegen Art. 9 DSGVO, der die Verarbeitung von Gesundheitsdaten ohne ausdrückliche Einwilligung oder gesetzliche Erlaubnis verbietet. Entscheidend war, dass bereits die Mitteilung „im Krankenstand“ als Gesundheitsdatum qualifiziert wurde – ein Detail, das vielen HR-Abteilungen nicht bewusst ist.
Gesundheitsdaten genießen nach der DSGVO einen besonderen Schutzstatus:
1.Sie fallen unter die „besonderen Kategorien personenbezogener Daten“ (Art. 9 Abs. 1 DSGVO).
2.Ihre Verarbeitung ist nur zulässig, wenn eine ausdrückliche Einwilligung vorliegt oder gesetzliche Ausnahmen greifen (z.B. Arbeitsrechtliche Pflichten nach § 26 BDSG).
3.Schon die unverschlüsselte Speicherung in offenen Systemen oder die Weitergabe an unbefugte Dritte kann eine Haftung auslösen.
Im Duisburger Fall fehlte beides: weder gab es eine Einwilligung des Betroffenen noch eine rechtliche Notwendigkeit, 10.000 Mitglieder über den Krankenstand zu informieren. Das Gericht sah hier eine klare Verletzung der Organisationspflicht durch die Verantwortliche.
Handlungsempfehlungen für HR-Verantwortliche
Das Urteil hat unmittelbare Konsequenzen für das Personalmanagement. Rüsche warnt in seinem Artikel zu Recht: „Fast jeder Hackerangriff birgt dasselbe Risiko – nur höher!“ Doch bereits im Alltag lauern Fallstricke.
Konkret empfiehlt sich für HR-Verantwortliche:
1. Striktes Informationsverbot über Krankheitsdaten
-Keine Mitteilungen über Abwesenheiten aufgrund von Krankheit in Newslettern, Teams-Chats oder
Social Media (auch nicht in internen Gruppen).
-Ausnahmen gelten nur für enge Führungskreise zur Personalplanung, jedoch stets unter Verschluss.
2. Technische und organisatorische Schutzmaßnahmen
-Gesundheitsdaten (z.B. Atteste, AU-Bescheinigungen) verschlüsselt und zugriffsbeschränkt speichern.
-Löschkonzept implementieren: Daten nach Ende der Aufbewahrungsfrist (z.B. 3 Jahre nach Ende des Arbeitsverhältnisses) automatisiert entfernen .
3. Schulungen und Dokumentation
-Regelmäßige Sensibilisierung aller Mitarbeiter, die mit Personaldaten arbeiten (Art. 39 DSGVO).
-Schriftliche Verpflichtungserklärungen zur Vertraulichkeit, insbesondere für Führungskräfte
4. Notfallplan für Datenpannen
– Bei unbefugter Offenlegung von Gesundheitsdaten (z.B. durch Hackerangriff) innerhalb von 72 Stunden die Aufsichtsbehörde informieren (Art. 33 DSGVO).
Die Versicherungsfalle: Grobe Fahrlässigkeit wird teuer
Ein entscheidender Aspekt des Urteils, den Rüsche hervorhebt, ist die Ablehnung des Versicherungsschutzes wegen grober Fahrlässigkeit. Versicherer argumentieren hier regelmäßig, dass Basisvorkehrungen wie Zugriffskontrollen oder Schulungen fehlten – ein Vorwurf, der im Duisburger Fall durch das Fehlen einer datenschutzkonformen Kommunikationsrichtlinie bestätigt wurde.
Für Unternehmen bedeutet dies:
•Cyberversicherungen prüfen, ob sie DSGVO-Verstöße abdecken.
•Dokumentationspflicht ernst nehmen: Jede Schutzmaßnahme (z.B. Passwortrichtlinien, VPN-Nutzung) muss nachweisbar sein.
Datenschutz als Chefsache!
Das Duisburger Urteil verdeutlicht, dass Datenschutz nicht delegierbar ist. Geschäftsführer und Vorstände haften persönlich, wenn sie ihrer Pflicht zur risikobasierten Kontrolle (Art. 24 DSGVO) nicht nachkommen. Für HR-Verantwortliche gilt:
•Gesundheitsdaten sind Tabuzone – außerhalb enger, dokumentierter Prozesse.
•Technische Lösungen wie digitale Personalakten mit Rechte-Management (z.B. Zugriff nur für direkte Vorgesetzte) reduzieren Haftungsrisiken.
Wie Rüsche treffend feststellt:
„Wenn eine E-Mail 10.000 € kostet – wollen Sie sich einen Hackerangriff leisten?“
Die Antwort liegt in präventiven Maßnahmen, die nicht nur Strafen vermeiden, sondern auch das Vertrauen der Mitarbeiter stärken.
Quellenverweis: Dieser Artikel bezieht sich auf den Originalbeitrag „Persönliche Haftung bei DSGVO-Verstoß“ von Sven Oliver Rüsche auf SOR.de. Für vertiefende Informationen zu technischen Schutzmaßnahmen empfiehlt sich die Lektüre der zitierten DSGVO-Artikel und begleitenden Kommentare.