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Volkswirte beurteilen deutsche Konjunkturaussichten skeptisch

Berlin/Düsseldorf (dapd). Das Wirtschaftswachstum in Deutschland dürfte nach Einschätzung verschiedener Ökonomen in diesem und im kommenden Jahr lahmen. So schadet der strikte Sparkurs in den Euro-Krisenländern nach Ansicht des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) weiterhin der Konjunktur.

Das gewerkschaftsnahe Institut rechnet deshalb für dieses Jahr nur mit einem mageren Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,6 Prozent und einem Wachstum von 0,4 Prozent für 2013, sagte IMK-Direktor Gustav Horn am Donnerstag in Berlin. Die Prognose blieb damit für 2012 unverändert und stieg für 2013 um 0,1 Prozentpunkte.

Etwas positiver beurteilt einem Bericht zufolge der Internationale Währungsfonds (IWF) die Aussichten – auch wenn er seine Prognose offenbar senkt. Nachdem die Wirtschaft in den vergangenen beiden Jahren um 4 und 3,1 Prozent zugelegt hatte, erwarteten die Volkswirte in Washington in ihrem World Economic Outlook für Deutschland nur noch jeweils 0,9 Prozent Wachstum in diesem und im kommenden Jahr, meldete das “Handelsblatt” (Freitagausgabe) vorab unter Verweis auf Berliner Regierungskreise. Der Bericht selbst soll am kommenden Dienstag veröffentlicht werden.

Im Juli hatte der IWF für Deutschland noch 1,0 und 1,4 Prozent Wachstum für 2012 und 2013 vorhergesagt. Der Währungsfonds ist die erste bedeutende Institution, die in diesem Herbst neue Daten präsentiert. Am kommenden Donnerstag veröffentlichen die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute ihr Herbstgutachten.

Im Vorfeld der Gemeinschaftsdiagnose hatten die Institute knapp ein Prozent Wachstum für dieses und 0,8 bis 1,1 Prozent für 2013 vorhergesagt. Nahezu zeitgleich erstellen die Volkswirte der Bundesregierung ihre Wachstumsprognose, die am 17. Oktober veröffentlicht wird und die Basis der Steuerschätzung ist.

IMK fürchtet die Schwäche der Eurozone

Für den gesamten Euroraum erwartet das IMK einen wirtschaftlichen Rückgang von 0,5 Prozent in diesem Jahr und von weiteren 0,7 Prozent im nächsten Jahr. “Das sind auch schlechte Nachrichten für Deutschland”, sagte Horn. Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern aufzukaufen, entspannt demnach die Krise zunächst. Dieser Effekt werde jedoch blockiert durch die Auflage, jegliche Hilfen an “übertrieben harte Sparprogramme” zu knüpfen.

“Nur mit Nachfrage hemmenden Strukturreformen wird man diese Krise nicht bewältigen können”, sagte Horn. “Die Medizin, die wir den Ländern zu schlucken geben, ist schlimmer als die Krankheit”, fügte er hinzu.

Die Konjunkturprognose des IMK ist deutlich niedriger als die des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das DIW hatte noch am Dienstag für Deutschland einen BIP-Zuwachs von 0,9 Prozent für 2012 und einen Anstieg auf 1,6 Prozent für 2013 vorhergesagt. Das Institut erwartet eine Beschleunigung der deutschen Exporte in Folge einer wirtschaftlichen Erholung in Schwellenländern.

US-Flaute drückt auf deutsche Konjunktur

Neben der Schwäche im Euroraum sieht das IMK jedoch in nachlassenden Impulsen aus den USA einen weiteren Grund für die Eintrübung der deutschen Wirtschaft. Bereits beschlossene massive Ausgabenkürzungen im US-Haushalt könnten das Wachstum dort entgegen anderslautenden Prognosen im nächsten Jahr auf null drücken, sagte Horn.

“Das heißt auch im Klartext, dass die Amerikaner als Motor der Weltwirtschaft ein Komplettausfall sein werden, und das trifft uns als eine der Exportnationen in dieser Welt natürlich in besonderem Maße,” sagte Horn.

Angesichts der zu erwartenden weiteren Konjunkturflaute in Deutschland empfiehlt das IMK, Kurzarbeitsregelungen wieder einzuführen, die während der Wirtschaftskrise 2009 einen größeren Abbau von Arbeitsplätzen verhindert hätten.

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