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Unternehmen heben Preise an wegen Inflation

Als Reaktion auf die stark angestiegenen Preise haben bereits 66 Prozent der deutschen Unternehmen im produzierenden Gewerbe pauschale Preiserhöhungen umgesetzt – weitere fünf Prozent planen dies. Vor allem kleineren Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern machen die Preisanstiege zu schaffen. Von diesen Mittelständlern haben 77 Prozent angegeben, dass sie als Konsequenz ihre Preise erhöht haben. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Befragung im deutschen produzierenden Gewerbe des Marktforschungsinstituts Kantar Public im Auftrag der Unternehmensberatung FTI-Andersch.

Bei Gewerben mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat mehr als jedes zweite (55 Prozent) die Preise angehoben. Ein weiterer Unterschied zwischen kleineren Mittelständlern und größeren Unternehmen: Nahezu jedes fünfte kleinere Unternehmen (17 Prozent) hat bereits Kundenaufträge ablehnen oder stornieren müssen – und damit gegenwärtigen oder zukünftigen Umsatz verpasst. Sieben Prozent der kleineren Unternehmen planen aktuell Stornierungen. Zum Vergleich: Bei den größeren Unternehmen haben bisher nur acht Prozent Aufträge abgesagt und gerade einmal drei Prozent der befragten Unternehmen haben dies zukünftig konkret vor.

„Die Reaktion der kleineren Unternehmen aus dem Mittelstand und bei Familienunternehmen zeigt, wie sehr sie mit den Preissteigerungen zu kämpfen haben“, sagt Philipp Oemler, Director bei FTI-Andersch, der auf Restrukturierung, Business Transformation und Transaktionen spezialisierten Beratungseinheit in Deutschland. „Ohne eine Weitergabe der Steigerungen wird die Marge rasch negativ, es fehlt darin vielfach ein Puffer. Das unterstreicht die Ablehnung von Kundenaufträgen: Die hier benannten Stornierungen beziehen sich nicht auf Materialknappheit, sondern auf steigende Erzeugerpreise, die damit bisherige Kalkulationen obsolet gemacht haben.“

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Dieses Vorgehen wirkt sich nicht nur auf die Profitabilität, sondern auch auf die Umsatzerwartungen der Unternehmen aus: Im Juni 2022 geht nur noch knapp die Hälfte der Unternehmen (49 Prozent) mit weniger als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im produzierenden Gewerbe von einem Umsatzanstieg aus (Rückgang: 17 Prozent, Stagnation: 26 Prozent). Bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Zuversicht größer: 70 Prozent rechnen mit wachsendem Umsatz für 2022, nur acht Prozent mit rückläufigem Umsatz (Stagnation: 22 Prozent).

Kleineren Unternehmen fehlt es häufig an professionellen liquiditätsorientieren Maßnahmen – Abnehmer sollten Know-how-Transfer beginnen

Weitere Maßnahmen gegen die Preissteigerungen, die in der Untersuchung von Kantar Public durch die Unternehmen benannt worden sind: 59 Prozent der befragten Unternehmen haben die Angebotsfristen verkürzt (in Planung: ein Prozent), 52 Prozent haben Preisgleitklauseln durchgesetzt (in Planung: fünf Prozent), 40 Prozent betreiben aktives ‚Hedging‘. Beim Hedging geht es darum, eine Risikoposition durch den Abschluss eines Sicherungsgeschäfts abzusichern. Hedging-Instrumente werden typischerweise genutzt, um sich gegen schwankende Marktpreise für Energie und Rohstoffe abzusichern.

Erneut ergeben sich Unterschiede zwischen kleineren und größeren Unternehmen: So arbeiten 53 Prozent der großen Unternehmen mit aktivem Hedging, aber nur 26 Prozent der kleinen. „Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass kleinere Unternehmen auch in finanzwirtschaftlichen Maßnahmen häufig weniger professionell aufgestellt sind als ihre größeren Mitbewerber oder Abnehmer“, sagt Philipp Oemler. „Da sie sich im Kern sehr häufig auf die Produktion ihrer Waren und Dienstleistungen konzentrieren, fehlt es an anderen Stellen häufig an der notwendigen Professionalisierung. Dies gereicht ihnen auch in dieser Krise erneut zu einem Nachteil. Gerade größere Abnehmer und Partner sollten dies erkennen und ihren vielfach kleineren Zulieferern jetzt proaktiv Hilfe anbieten.“

Denn die Gefahr eines Flächenbrands beim Ausfall von so genannten Zombie-Unternehmen steigt beständig, die meisten Unternehmen sind auf die Liquiditätsengpässe nicht ausreichend vorbereitet ins Jahr 2022 gegangen – das hat zuletzt eine Befragung von mehr als 3.000 Unternehmen weltweit gezeigt. „Wem jetzt durch Preissteigerungen, Materialknappheit und steigenden Zinsen final der Bewegungsspielraum genommen wird, der könnte ohne Hilfe Dritter ab dem zweiten Halbjahr in vor- oder insolvenzrechtliche Verfahren gehen“, sagt Oemler. „Damit könnten weitere wichtige Anbieter in den komplexen Lieferketten ausfallen. Und dann stehen schnell auch die Bänder der Großen still. Wir empfehlen darum jetzt gemeinsam mit Finanzierern und Geschäftspartnern eine schonungslose Bestandsaufnahme durchzuführen und sowohl liquiditätsorientierte als auch operative Maßnahmen umzusetzen, um Liefersicherheit zu gewährleisten.“

Quelle: Andersch AG / FTI-Andersch

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