Bauen-GartenFinanzen

Inflation und Zinswende – Baufinanzierungen könnten noch teurer werden

Lieferengpässe, Lockdowns in China, Rohstoffmangel und nicht abschätzbare Folgen des Krieges in der Ukraine: Weiterhin bestehen Unsicherheiten für die wirtschaftliche Entwicklung und die Aussichten trüben sich ein. Dennoch mehren sich die Signale für eine Zinswende im Sommer – zu stark wird der Inflationsdruck für die Europäische Zentralbank (EZB). In diesem Spannungsfeld zeigen sich die Baufinanzierungszinsen volatil und mit weiterem Anstiegspotenzial. Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender von Dr. Klein, kommentiert die aktuelle Zinsentwicklung, die derzeitigen Herausforderungen und die Nachfrage nach Baufinanzierungen.

Zinsen haben sich verdreifacht

Im Mai findet keine EZB-Sitzung statt, Entscheidungen zu geldpolitischen Maßnahmen werden erst im Juni wieder getroffen. Dennoch ist Bewegung in der Zinskurve: Nicht zuletzt die Äußerungen verschiedener Ratsmitglieder sowie der Notenbank-Chefin Christine Lagarde, dass eine Leitzinsanhebung im Juli möglich wäre, ließen die Bauzinsen weiter ansteigen. „Verglichen mit dem Zinsniveau von Ende letzten Jahres haben sich die Zinsen für Baufinanzierungen mittlerweile verdreifacht“, stellt Michael Neumann fest – der Bestzins beträgt mittlerweile 2,58 Prozent (Stand: 18.05.2022). Das Tempo, mit dem die Erhöhungen stattfinden, habe sich zuletzt allerdings gedrosselt, und derzeit seien erhebliche Schwankungen zu beobachten: Inflationserwartungen ziehen die Zinsen nach oben, Konjunkturrisiken dämpfen sie. „Die Banken passen ihre Preise in sehr unterschiedlichen Zyklen an – einige täglich oder wöchentlich, andere unregelmäßig. Neben Anhebungen gibt es dabei zuletzt auch Zinssenkungen, wie kürzlich beispielsweise bei der KfW. Wer jetzt eine Baufinanzierung benötigt, ist daher gut beraten, die Angebote tagesaktuell vergleichen zu lassen“, so Michael Neumann.

Zinswende im Sommer?

Ende Juni läuft das Anleihekaufprogramm der Europäischen Notenbank aus – eine Voraussetzung, bevor die EZB den Leitzins anhebt. Dass dieser Schritt schon im Juli geschieht, hält der Experte für sehr wahrscheinlich: „Die sehr hohe Inflation im Euro-Raum auf der einen, die deutlichen Zinsschritte der US-amerikanischen Fed auf der anderen Seite: Die EZB steht unter massivem Druck, dem sie sich nicht länger widersetzen kann. Vor allem geht es jetzt auch darum, die Erwartungen an die zukünftige Inflation einzubremsen und damit eine Lohn-Preis-Spirale abzuwenden.“ Diese entsteht, wenn Arbeitnehmer aufgrund der steigenden Verbraucherpreise höhere Löhne durchsetzen, was wiederum die Verteuerung beschleunigt. Laut Michael Neumann habe der Markt den bevorstehenden Zinsschritt längst eingepreist, er rechnet daher nicht mit einem deutlichen Zinssprung als Folge einer Leitzinserhöhung. Dennoch sei noch Luft nach oben: „Tendenziell gehen die Baufinanzierungszinsen weiter hoch, denn es werden für dieses Jahr noch weitere Zinsanhebungen erwartet – und auch die Drei-Prozent-Marke dürfte demnächst erreicht werden. Aber die Dynamik, mit der die Zinsen in den letzten Monaten gestiegen sind – die werden wir nicht mehr sehen.“

„Erschwinglichkeit massiv zurückgegangen“

Der Kauf einer Immobilie ist teurer geworden: Die steigenden Zinsen werden bis auf Weiteres nicht durch fallende Immobilienpreise aufgefangen. Im Gegenteil – laut dem Trendindikator Baufinanzierungen von Dr. Klein sind auch im ersten Quartal die gezahlten Preise für Häuser und Wohnungen auf breiter Front gestiegen. „Die Erschwinglichkeit ist massiv zurückgegangen“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Neben dem Zinssprung macht er auch die hohe Inflation dafür verantwortlich: „Der Realeinkommensverlust macht sich sehr deutlich bemerkbar. Interessenten müssen jetzt nicht nur mehr für die eigenen vier Wände bezahlen, sondern auch für das tägliche Leben. Das führt dazu, dass zurzeit immer wieder Menschen von ihrem Vorhaben, Wohneigentum zu kaufen, zurücktreten müssen, oder ihre Wünsche an die eigene Immobilie runterschrauben.“ In der Praxis beobachtet Neumann, dass besonders Bauwillige im sehr frühen Stadium der Planung vor riesigen Herausforderungen stehen: „Wenn noch kein Vertrag mit Bauträgern oder den Dienstleistern der einzelnen Gewerke vereinbart wurden, dann sind hier merkliche und oft schmerzliche Preissteigerungen zu verkraften.“

Hohe Nachfrage trotz steigender Kosten

Einen signifikanten Rückgang des Interesses an der eigenen Immobilie verzeichnen die Finanzierungsvermittler dennoch nicht. Eher ein allmähliches Nachlassen der Unruhe, die zwischenzeitlich zu Nachfragerekorden führte: Besonders Anschlussfinanzierer hätten sich beeilt, ihre zweite Finanzierungsrunde unter Dach und Fach zu bringen und möglichst hohe Zinsersparnisse zu nutzen. „Das Zeitfenster für den großen Zinsunterschied zwischen Erst- und Anschlussfinanzierung wird jetzt etwas kleiner“, beobachtet Michael Neumann, „daher schwächt sich die extrem starke Nachfrage etwas ab. Der Anteil ist aber immer noch auf einem hohen Niveau, denn günstiger wird es erstmal nicht mehr – und das wissen auch die Kunden.“ Aber auch das Interesse an Erstfinanzierungen habe bislang noch nicht nachgelassen: „Wer jetzt eine passende Immobilie findet und die finanzieren kann, macht dies auch und zögert nicht mehr lange.“

Quelle: Dr. Klein Privatkunden AG

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Amei Schüttler
Amei Schüttler
Amei Schüttler ist Redakteurin bei den Mittelstand-Nachrichten und schreibt über innovative Produkte und die Macher im deutschsprachigen Mittelstand. Für Fragen und Anregungen nutzen Sie bitte folgende Kontaktdaten:
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