
Das Arbeiten von zu Hause oder anderen Orten außerhalb des klassischen Büros hat sich in den letzten Jahren von einer Ausnahme zur Normalität entwickelt. Mit der zunehmenden Etablierung von Homeoffice und mobilem Arbeiten sind nicht nur neue Chancen entstanden, sondern auch arbeitsrechtliche Fragestellungen, die Unternehmen wie auch Arbeitnehmer vor Herausforderungen stellen.
1. Arbeitsort und Arbeitszeit – neue Flexibilität, neue Risiken
Einer der Kernbereiche, in dem sich durch Remote Work rechtliche Probleme ergeben, ist die Definition von Arbeitsort und Arbeitszeit. Das deutsche Arbeitsrecht geht traditionell von einem festen Arbeitsort und klar geregelten Arbeitszeiten aus. Bei Remote Work verschwimmen diese Grenzen:
- Arbeitszeitgesetz (ArbZG): Auch im Homeoffice gelten Pausenregelungen und Höchstarbeitszeiten. In der Praxis ist die Kontrolle durch den Arbeitgeber jedoch schwierig, was zu Compliance-Risiken führen kann.
- Erreichbarkeit vs. ständige Verfügbarkeit: Viele Arbeitnehmer erleben eine Entgrenzung der Arbeit, was zu Konflikten mit dem Recht auf Nicht-Erreichbarkeit führt – ein in Deutschland noch nicht gesetzlich klar geregelter Bereich.
2. Datenschutz und IT-Sicherheit im Homeoffice
Ein sensibler Punkt ist der Umgang mit personenbezogenen Daten und Betriebsgeheimnissen im Remote-Kontext. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gelten selbstverständlich auch im Homeoffice.
Typische Problemfelder:
- Unzureichend geschützte WLAN-Netze oder private Endgeräte
- Nutzung von Cloud-Diensten ohne datenschutzkonforme Vereinbarungen
- Ungewollter Einblick Dritter (z. B. Mitbewohner oder Familienangehörige)
Unternehmen sind verpflichtet, technisch-organisatorische Maßnahmen (TOM) umzusetzen – ein schwieriges Unterfangen, wenn Mitarbeitende an verschiedenen, teils wechselnden Orten arbeiten.
3. Unfallversicherung und Arbeitsschutz im Remote Setting
Viele Arbeitgeber sind sich unsicher, inwieweit sie für die Sicherheit des Arbeitsplatzes zu Hause verantwortlich sind. Zwar hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) 2021 ihre Vorschriften erweitert, dennoch bleibt die Frage: Wo genau beginnt der versicherte Arbeitsbereich?
Beispiel: Wer in der Küche auf dem Weg zur Kaffeemaschine stürzt, ist nicht automatisch gesetzlich unfallversichert, anders als beim Gang zur Toilette im Büro. Das führt zu Rechtsunsicherheit und möglichen Konflikten bei der Anerkennung von Arbeitsunfällen.
4. Arbeitsvertragliche Regelungen und Mitbestimmung
Viele Arbeitsverträge enthalten noch keine oder nur ungenaue Regelungen zum Homeoffice. Hier besteht Handlungsbedarf:
- Klar definierte Remote-Vereinbarungen (z. B. zur Erreichbarkeit, Arbeitszeit, technischer Ausstattung)
- Zuschüsse für Strom, Internet oder Arbeitsplatzmöbel – freiwillige Leistungen oder Verpflichtung?
- Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats: Der Betriebsrat hat bei der Einführung oder Ausgestaltung von Remote Work ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 BetrVG, was häufig nicht ausreichend berücksichtigt wird.
5. Internationale Remote-Arbeit: Arbeiten von Bali aus – einfach oder riskant?
Immer mehr Arbeitnehmende möchten „Work from Anywhere“ nutzen – also zeitweise aus dem Ausland arbeiten. Was oft nach Freiheit klingt, birgt rechtliche Tücken:
- Sozialversicherungsrechtliche Aspekte: Schon ein vorübergehender Aufenthalt im EU-Ausland kann zur Verlagerung der Sozialversicherungspflicht führen.
- Steuerrechtliche Risiken: Unternehmen laufen Gefahr, eine Betriebsstätte im Ausland zu begründen.
- Arbeitsrecht im Gastland: Bei längerem Aufenthalt kann ausländisches Arbeitsrecht zur Anwendung kommen – mit weitreichenden Konsequenzen.
6. Fazit: Neue Arbeitswelt braucht neue Regeln
Die Zunahme von Remote Work hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Doch das Arbeitsrecht ist in vielen Punkten noch nicht vollständig auf diese Realität vorbereitet. Für Unternehmen bedeutet das:
- Klare vertragliche Regelungen schaffen
- Datenschutzkonzepte und Arbeitsschutz auch für das Homeoffice entwickeln
- Mitbestimmung und Kommunikation mit dem Betriebsrat aktiv gestalten
- Mitarbeiter im Umgang mit Remote-Risiken sensibilisieren
Langfristig braucht es jedoch auch gesetzgeberische Impulse, um für mehr Rechtssicherheit zu sorgen – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Die moderne Arbeitswelt verlangt nach einem modernen Rechtsrahmen, der Flexibilität und Schutz gleichermaßen garantiert.
Quelle: ARKM Redaktion