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Künstliche Intelligenz im Rechnungswesen: “Wir bewegen uns in Richtung autonomer Buchhaltung”

Christoph Prieler ist Experte in der Digitalisierung von Rechnungswesenabteilungen und CEO von Finmatics, einem Anbieter von Software zur Digitalisierung und Automatisierung von Buchhaltungsprozessen. Im Interview erläutert er, welche Rolle künstliche Intelligenz schon jetzt in Buchhaltungsprozessen einnimmt und in Zukunft einnehmen wird.

Was kann künstliche Intelligenz im Rechnungswesen bereits heute leisten und wo sehen sie in Zukunft weitere Anwendungsfelder?

Unsere Perspektive legt nahe, dass der zukünftige Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in diesem Bereich unverzichtbar sein wird. Bereits heute können KI-Tools regelmäßige Aufgaben in den Finanz- und Buchhaltunggsprozessen übernehmen. Die herkömmliche Verarbeitung einer Transaktion umfasst zahlreiche repetitive Arbeitsschritte, wie beispielsweise das Scannen und Ablegen großer Mengen von Unterlagen oder das manuelle Abtippen von relevanten Buchungsinformationen aus Dokumenten. Diese spezifischen Tätigkeiten eignen sich besonders gut für den Einsatz von KI. KI-Algorithmen werden mithilfe von Millionen von Dokumenten trainiert und können mittlerweile einzelne Belegseiten mit äußerst hoher Genauigkeit identifizieren. Dies beseitigt die mühsame manuelle Trennung von einzelnen Belegen beim Scannen von Stapeln. Gleiches gilt für das Extrahieren von Beleginformationen. Mithilfe von OCR-Technologie (Optical Character Recognition) und KI-Algorithmen kann automatisch erkannt werden, wo welche Information auf dem Beleg zu finden ist. Durch Anreicherung mit Trainingsdaten aus der Buchungshistorie können zuverlässige Buchungsvorschläge generiert werden, was zu erheblichen Effizienzsteigerungen führt. Die Verwendung von sprachbasierten KI-Tools, wie den sogenannten Large Language Models, worauf z.B. auch ChatGPT basiert, eröffnet weitreichende Möglichkeiten. Der Einsatz von LLMs ermöglicht der Buchhaltung insbesondere die Fähigkeit, Texte inhaltlich besser zu verstehen und in einen Kontext zu setzen. Auf diese Weise können beispielsweise sinnvolle Buchungstexte automatisiert erstellt werden. Ähnlich dem Fortschritt im autonomen Fahren bewegen wir uns in den nächsten 5-10 Jahren im Rechnungswesen von der Digitalisierung und Automatisierung einzelner Prozesse immer weiter in Richtung vollständig autonomer Systeme, die die Buchhaltung eigenständig und fehlerfrei durchführen.

Oft ist die Rede davon, Künstliche Intelligenz könne dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Wird die KI also langfristig den Buchhalter ablösen?

In vielen Branchen herrscht ein spürbarer Fachkräftemangel, der auch die Buchhaltung beeinflusst. Dies könnte sich durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) langfristig ändern. Aktuelle Studien zeigen, dass die Buchhaltung oft als veraltet wahrgenommen wird, insbesondere von jungen Menschen. Hier kann KI dazu beitragen, den Beruf durch moderne Technologien attraktiver zu gestalten.Die Generation Z, die jetzt in den Beruf einsteigt, ist mit digitalen Tools aufgewachsen und erwartet einen hohen Digitalisierungsgrad.

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Darüber hinaus kann der Einsatz von KI-Automatisierungstools helfen, den bestehenden Workload effizienter zu bewältigen, ohne neue Fachkräfte finden zu müssen. Die Automatisierung repetitiver Aufgaben in der Buchhaltung ermöglicht es, Zeit zu sparen und das Fachwissen der Teammitglieder in nicht automatisierbare Aufgaben zu investieren.

Aktuell ersetzt KI Buchhalter nicht, sondern unterstützt sie. Dennoch unterliegen Berufsbilder historisch betrachtet ständigen Veränderungen durch neue Technologien. Daher wird die Anpassung an diese Entwicklungen eine Herausforderung für die Buchhaltungsbranche sein. Ein Blick auf die Zahlen des Fachkräftemangels verdeutlicht die Dringlichkeit, innovative Lösungen wie KI zu integrieren, um die Effizienz zu steigern und die Attraktivität des Berufs zu erhöhen.

Zwischen den Potentialen von KI-Projekten und der tatsächlichen Implementierung klafft in der Realität nicht selten eine große Lücke. Woran scheitert es in der Umsetzung durch mittelständische Unternehmen?

Zunächst lassen sich branchenbedingt keine nennenswerten Unterschiede ausmachen. Die Herausforderungen bleiben weitgehend konstant: unzureichende Struktur und gelegentlich mangelnder Wille zur Umsetzung. Die Unternehmensführung muss zunächst intrinsisch motiviert sein, sich intensiv mit den Vorteilen von Automatisierungs- oder KI-Projekten auseinanderzusetzen und dem Projekt eine hohe Priorität einzuräumen. Letztendlich wird das Unternehmen nur davon profitieren und sich so im Kontext der digitalen Transformation nachhaltig für die Zukunft positionieren können.

Wie muss man sich den Einsatz der Finmatics-Software konkret vorstellen?

Unsere Lösung ist eine cloud-basierte Software, die die Belegverarbeitung vor dem Verbuchen im Buchhaltungssystem automatisiert. Wir beobachten bei unseren Kunden verschiedene Einsatzmöglichkeiten. Rechnungen und Belege können beispielsweise direkt über spezielle Mail-Adressen in unserer Software eingehen, aber auch Scannen, Hochladen, API-Upload oder die Übertragung per Mobile App sind möglich. Sind Belege erst einmal im System eingetroffen, beginnt die KI ihre Arbeit: Im Stapel übertragene Belege werden zuerst automatisch getrennt und Informationen werden ausgelesen. Darunter fallen alle Daten, die auf der Rechnung zu finden sind. Für eine Vorhersage von Informationen, die nicht auf der Rechnung abgedruckt sind (Geschäftspartner, Sachkonto, Steuercode, Buchungstext etc.) nutzen wir verschiedene KI-Modelle, um einen Buchungsvorschlag zu erstellen.

Über die Belegverarbeitung hinaus sind mit uns auch individualisierbare Rechnungsfreigaben möglich, die entweder einstufig oder auch in mehreren Stufen ablaufen können. Finmatics ist per Schnittstelle an alle gängigen Buchhaltungs- bzw. ERP-Systeme anbindbar. So ist ein Export und ein anschließendes Abholen der verarbeiteten Belege einfach möglich.

Wie viel technisches Know-how ist notwendig, um ihre Software in der Buchhaltung zu implementieren?

Da unser Produkt cloud-basiert im Browser läuft, ist für die Implementierung kein großer Aufwand nötig. Nach dem Login können unsere Kunden mit nur wenigen Klicks starten. Darüber hinaus arbeiten wir sehr kundenzentriert und betreuen unsere Unternehmen hinreichend, sodass der Start mit uns so einfach wie möglich abläuft. So unterstützt unser Team tatkräftig, beispielsweise bei der Aktivierung der Schnittstelle und den ersten Schritten. Je nach Umfang des Projekts werden Kunden in mehreren Terminen mit unseren Experten eingeschult, um schon von Beginn an die besten Automatisierungsergebnisse zu erreichen. Über die normale Betreuung hinaus bieten wir natürlich auch Workshops und Premium-Betreuungspakete an, um Kunden dabei zu helfen, unsere Software optimal zu nutzen.

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