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Waffengleichheit zwischen Autofahrer und Industrie

Nürnberg – Nach einer zweimonatigen Testphase startete vor einem Jahr die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) des Bundeskartellamtes am 1. Dezember 2013 ihren offiziellen Betrieb. Quasi in Echtzeit werden seitdem die von den teilnehmenden Tankstellen gemeldeten Spritpreise für die Standardsorten Super E 10, Super E 5 und Diesel über Verbraucherinformationsdienste zur Verfügung gestellt. Die Erwartungen der Autofahrer waren hoch: höhere Transparenz der Preisentwicklung, stärkerer Wettbewerb der Anbieter, fallenende Preise. Was aber hat die MTS-K den Kraftfahrern tatsächlich gebracht? Steffen Bock, Geschäftsführer des Verbraucherinformationsdienstes clever-tanken.de, beantwortet die wichtigsten Fragen.

Steffen Bock, Geschäftsführer von clever-tanken.de (c) clever-tanken.de
Steffen Bock, Geschäftsführer von clever-tanken.de (c) clever-tanken.de

Herr Bock, clever-tanken.de informiert seit 1999 Autofahrer in Deutschland über die günstigsten Kraftstoffpreise der Umgebung und war weltweit der erste Dienst dieser Art. 14 Jahre lang haben Sie mit einem eigenen Rechercheteam die Ihnen von rund 200 000 privaten Meldungsgebern angezeigten Spritpreise erfasst sowie Datenbanken und Preismeldungen von Mineralölkonzernen ausgewertet. Diese Informationen werden Verbrauchern bis heute via Website, Navigationssystemen und Smartphone-App nahezu in Echtzeit zur Verfügung gestellt. 2013 ist clever-tanken.de als einer der ersten Verbraucherinformationsdienste an die MTS-K angeschlossen worden – und somit quasi Gründungsmitglied dieses Systems. Inwieweit profitieren die Autofahrer von diesen zusätzlichen Daten der MTS-K?

Steffen Bock: Durch die Meldepflicht der Tankstellen liegen die Preisinformationen der Standardkraftstoffe heute fast zu 100 Prozent in Echtzeit vor. Wir als Verbraucherinformationsdienst haben dabei die Aufgabe, dem Nutzer die Informationen vollständig, exakt und übersichtlich anzubieten. Durch die Gewissheit, dass die Preise auch wirklich stimmen, können sehr verlässliche Kaufentscheidungen getroffen werden. Das heißt, die Autofahrer können sich sicher sein, dass die in unserer App und auf unserer Website angezeigten Preise auch wirklich aktuell sind. Damit gelingt es dem Nutzer, Phasen günstiger Preise zu nutzen und viele Tankstellen in der Umgebung oder auf der geplanten Fahrtroute miteinander zu vergleichen.

Haben die Kraftfahrer seit Einführung der MTS-K ihr Tankverhalten tatsächlich stärker angepasst und so mehr Einfluss auf die teilweise enormen Preisschwankungen genommen?

Allgemein erleben wir ein hohes Interesse an unserer Dienstleistung. Mehr als acht Millionen Mal wurde allein im Oktober einer unserer eigenen Dienste genutzt – und da zähle ich noch gar nicht die vielen Dienste mit, die wiederum von uns mit Daten versorgt werden. Generell hat sich dabei herauskristallisiert, dass es den festen günstigen Tanktag nicht mehr gibt. Stattdessen lohnt es sich, am späten Nachmittag oder am frühen Abend zu tanken. Auch informieren sich Kraftfahrer zunehmend vor dem Antritt einer längeren Fahrt über die Preise entlang der geplanten Route. In der Summe hat sich seit Einführung der MTS-K die Zahl der Menschen, die für das Thema Spritpreise sensibilisiert sind und die Geld sparen möchten, stark erhöht. Das gilt übrigens auch zunehmend für Firmenwagennutzer. Allerdings: Zwar sind im laufenden Jahr die Spritpreise tatsächlich stark gefallen. Das ist jedoch eher dem globalen Markt und nicht der Einführung der MTS-K zuzuschreiben. Nichtsdestotrotz: Die vor Einführung der MTS-K befürchteten Preissteigerungen sind nicht eingetreten.

Wie viel können Autofahrer durch den Vergleich der Preise im Jahr sparen?

Die mittlere Schwankung für eine Spritart liegt pro Tankstelle und Tag durchaus bei 12 Cent oder auch mehr. Wenn man das konsequent ausnutzt, dann spart man bei einem 60 Liter Tank leicht fünf bis sieben Euro pro Füllung. Abhängig von der Jahresfahrleistung summiert sich das sehr schnell auf 300 Euro und mehr, die man ohne Mühe einsparen kann. Es ist bemerkenswert und war auch vor Einführung der MTS-K nicht zu erwarten, dass sich die Schwankungen der Preise und die damit verbundenen Einsparmöglichkeiten für den Verbraucher nicht vermindert haben. Ich bin davon überzeugt, dass dem Autofahrer mehr gedient ist, wenn er die Schwankungen für sich aktiv nutzt, als wenn wir in Deutschland beispielsweise festgelegte Preise hätten. Diese würden mit Sicherheit nicht am unteren Rand dessen liegen, was wir täglich am Säulenpreis ablesen können. Also, wie Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt so treffend formulierte: Wir haben jetzt Waffengleichheit zwischen Autofahrer und Industrie.

Was hat sich für Sie als Unternehmer seit dem Start der MTS-K geändert?

Rund um das Thema ist nun eine richtige kleine Branche entstanden, was mehrere Effekte hat. Zum einen gibt es neue Mitbewerber mit Webseiten und Apps, die um die Gunst der Autofahrer kämpfen. Auf der anderen Seite ist jetzt aber auch eine etablierte Branche entstanden, in der clever-tanken.de nach offiziellen Zahlen der IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.) marktführend ist. Sehr positiv ist, dass das Thema Spritpreisvergleich nun offiziell anerkannt wird. Zudem ist die Datenqualität so hoch, dass sich Berührungsängste, die große Firmen wie Automobilhersteller den Verbraucherinformationsdiensten früher entgegenbrachten, einem fundierten Interesse an einer guten Zusammenarbeit gewichen sind. Unternehmerisch freue ich mich über einige neue Lizenzkunden und spannende Werbekooperationen, die aktuell starten.

Wodurch können sich Ihre Dienstleistungen künftig überhaupt noch von denen der Mitbewerber unterscheiden?

Das beginnt bereits bei der Basisdienstleistung: clever-tanken.de ist als Vollsortimenter in der Lage, ein wesentlich größeres Informationsangebot zu liefern als es von der MTS-K angeboten wird. Wir zeigen auf clever-tanken.de auch die Preise aller Premiumkraftstoffe in Echtzeit plus die von Erdgas, Autogas und LKW-Diesel sowie die Detailinformationen der Tankstellen. Zur Pflege dieser Daten unterhalten wir ein eigenes Team. Unser Dienstleistungsangebot gegenüber Firmenkunden umfasst zudem das europäische Ausland und hat eine internationale Perspektive.

Darüber hinaus ist clever-tanken.de in Deutschland eine sehr bekannte Marke und erwirtschaftet durch seine hohe Reichweite einen auskömmlichen Umsatz, der in anspruchsvolle native Apps sowie in eine hochperformante und zu praktisch 100 Prozent verfügbare Datenbank investiert wird. Während 1999 der Betrieb einer einfachen Website für den Preisvergleich völlig ausreichend war, bespielen wir heute also die verschiedensten App-Entwicklungsplattformen von Google, Apple und Microsoft. Und: Bei uns arbeiten Menschen, die auf Verbraucheranfragen innerhalb von 24 Stunden persönlich antworten.

Kurz gesagt: Um in diesem umkämpften Markt zu bestehen und dabei auch wirtschaftlich zu arbeiten, braucht es auf Dauer mehr als einen Programmierer mit Anschluss an die Markttransparenzstelle. Und nicht jeder finanziell starke Wettbewerber arbeitet mit der gleichen Energie an diesem Thema.

Wie Sie schon sagten: Es ist ein hart umkämpfter Markt. Wie können Sie sich aktuell weiterentwickeln, um langfristig zu bestehen?

Verbraucherseitig sehe ich eine hohe Nachfrage nach nutzwerten Informationen auf dem Smartphone, die beim Geldsparen helfen. Auf Seite der Industrie wiederum wird nach Möglichkeiten gesucht, intelligente Werbung auf dem Smartphone auszuspielen, die den Nutzer nicht stört und damit verschreckt. Hier setzen wir an und bringen Industrie und Autofahrer mit nützlichen Informationen virtuell zusammen. So starten wir noch im Dezember ein erstes Projekt mit einer Mineralölgesellschaft, das dem Nutzer unserer App einen handfesten zusätzlichen Vorteil bietet ohne die Benutzbarkeit der App zu beeinträchtigen. In diesem spannenden Umfeld bewege ich mich extrem gerne. Aufbauend auf seinem soliden Kerngeschäft entwickelt sich das Unternehmen damit bestens weiter. Für clever-tanken.de hat die Zukunft gerade erst begonnen.

Veröffentlicht von:

Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche gehört seit 2009 der Redaktion Mittelstand-Nachrichten an. Sie schreibt als Journalistin über Tourismus, Familienunternehmen, Gesundheitsthemen, sowie Innovationen. Alexandra ist Mitglied im DPV (Deutscher Presse Verband - Verband für Journalisten e.V.). Sie ist über die Mailadresse der Redaktion erreichbar: redaktion@mittelstand-nachrichten.de

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