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Mailbox.org im Test: Wer mitdenkt, chattet sicherer

Aufgrund der Vor- und Nachteile von OTR und XMPP ist die Messenger-Lösung von mailbox.org eher für versierte Anwender geeignet

Fulda – Der Messenger-Dienst Mailbox.org gehört zu den neuen Sternen am Messenger-Himmel. Grund genug für die Verschlüsselungsexperten der PSW GROUP (www.psw-group.de), den Messenger des bekannten Freemails-Anbieters hinsichtlich Usability und Sicherheit genauer unter die Lupe zu nehmen.

„Mailbox.org ist kein Messenger im eigentlichen Sinne: Das Berliner Unternehmen hat einen Server aufgesetzt, mit dem User über das XMPP-Protokoll chatten können. Das erlaubt es, auch mit den Nutzern anderer Jabber-Server zu kommunizieren und das mailbox.org-Feature auf jedem internetfähigen Gerät zu verwenden. Die Anwender sind also komplett plattformunabhängig”, informiert Christian Heutger, Geschäftsführer der PSW GROUP. Er verweist jedoch darauf, dass dennoch eine Abhängigkeit zu einem gängigen mailbox.org-Account besteht: „Um den Server verwenden zu können, müssen Anwender sich mit ihren Zugangsdaten des E-Mail-Dienstes einloggen. Das führt dazu, dass die Nutzung nicht kostenfrei geschehen kann, sondern mit einer Gebühr von mindestens 12 Euro pro Jahr”, so Heutger weiter.

Bildquelle: PSW GROUP
Bildquelle: PSW GROUP

Wenngleich Jabber in den vergangenen Jahren eher auf dem Rückzug war, setzen insbesondere Datenschutz-bewusste Anwender gern auf das XMPP-Protokoll. Dabei kann Jabber mehr als nur Textnachrichten übermitteln. Auch der Dateiaustausch ist möglich – ähnlich dem Prinzip von Skype oder ICQ. Im Jabber-Client sehen User eine Liste ihrer Kommunikationspartner, können Benutzer eintragen oder die Freigabe ihres Gesprächspartners erhalten. Sie können sehen, ob dieser gerade online ist oder seine Ruhe haben möchte. Jabber-Nachrichten werden, wie eine E-Mail, an die unterschiedlichen Jabber-Server zugestellt, jedoch in Echtzeit, um live chatten zu können.

Schwieriger ist die Nutzung von XMPP auf Mobilgeräten, da das Protokoll für Desktop-Messenger entwickelt wurde. „XMPP kommt beispielsweise nur schwer mit dem Energiesparmodus von Smartphones zurecht. Die speziell für Smartphones konzipierten Anwendungen erhalten in der Regel die Berechtigung, ein Smartphone aus dem Ruhezustand zu erwecken, um umgehend über neue Nachrichten zu informieren. Diese Eigenschaft fehlt dem Protokoll XMPP. Anwender erhalten die Information über eine neue Nachricht erst in dem Moment, in dem sie das Smartphone wieder zur Hand nehmen und das Display entsperren”, informiert Christian Heutger über den Nachteil von XMPP.

Sicherheit bei mailbox.org

Vom Login bis zum Versand einer Nachricht läuft bei mailbox.org alles verschlüsselt ab. Die Server-Zertifikate von mailbox.org sind via DANE/DNSSEC gesichert. Allerdings prüfen bislang keine verbreiteten Jabber-Clients Zertifikate über DANE. Zwar bewirbt mailbox.org seine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Chat. Jedoch ist dies ausschließlich Sache des Clients, den der User verwendet. Welchen Jabber-Server der User nutzt, ist für die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung via OTR-Protokoll vollkommen unerheblich. „Das OTR-Protokoll gilt als sicher und setzt auf Perfect Forward Secrecy. Der Session-Key wird nach einer Sitzung unwiederbringlich vernichtet. Damit kann die Kommunikation selbst bei im Nachhinein kompromittierten Schlüsseln nicht mehr gelesen werden”, erklärt Christian Heutger.

Hinzu kommt die OTR-Eigenschaft Plausible Deniability, die Abstreitbarkeit. Im Nachhinein kann nicht mehr nachgewiesen werden, ob ein bestimmter User eine gewisse Nachricht versendet hat. Dass der Kommunikationspartner für den verschlüsselten Nachrichtenaustausch online sein muss, ist jedoch ein Nachteil von OTR. Wird eine Nachricht an einen Offline-Gesprächspartner versendet, wird diese nicht verschlüsselt. Das führt unter anderem dazu, dass sämtliche verschlüsselten Nachrichten nach einer Sitzung verschwinden. „Das bringt zwar ein sehr hohes Maß an Privatsphäre mit sich. Jedoch bleiben Nachrichten, die unverschlüsselt an Offline-Chatpartner versendet wurden, auch bei mailbox.org erhalten. Dass lediglich Nachrichten an Gesprächspartner, die online sind, verschlüsselt werden, hat ausschließlich technische Gründe und liegt insbesondere am Implementieren von PFS”, erläutert der Experte.

Sein Fazit: „Aufgrund der Vor- und Nachteile, die OTR und XMPP mit sich bringen, eignet sich die Messenger-Lösung von mailbox.org eher für versierte Anwender. Es ist notwendig, die Technik dahinter zu verstehen, um wirkliche Sicherheit zu erreichen. Denn zu glauben, jede versendete Nachricht wird verschlüsselt übermittelt, könnte fatale Auswirkungen haben. Wer auf Jabber und mailbox.org setzt, muss sich bewusst sein, dass die Sicherheit mit davon abhängt, ob der Chatpartner aktuell online ist”.

Veröffentlicht von:

Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche gehört seit 2009 der Redaktion Mittelstand-Nachrichten an. Sie schreibt als Journalistin über Tourismus, Familienunternehmen, Gesundheitsthemen, sowie Innovationen. Alexandra ist Mitglied im DPV (Deutscher Presse Verband - Verband für Journalisten e.V.). Sie ist über die Mailadresse der Redaktion erreichbar: redaktion@mittelstand-nachrichten.de

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