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Reicher Staat, arme Bürger

Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), in Auftrag gegeben von der (gewerkschaftsnahen) Hans-Böckler-Stiftung, kommt zu dem Schluss, dass die deutschen Haushalte ärmer geworden sind. Satte 15 Prozent hat der Durchschnittshaushalt inflationsbereinigt an Nettovermögen im Jahr 2013 gegenüber dem Jahr 2003 eingebüßt. Gefühlt dürften dies viele Bürger schon lange haben.

Auch die absoluten Zahlen sind bedenklich – gerade einmal 113.000 Euro hat der Durchschnittshaushalt auf der hohen Kante liegen. Angesichts der Schuldenberge unseres Landes, des schleichenden Kaufkraftverlustes, Zinsen nahe Null sowie der dramatischen Rentenlücke nicht gerade viel. Vergleicht man dann auch noch die vom DIW ermittelten Zahlen mit dem Durchschnittsvermögen beispielsweise südeuropäischer Haushalte, darf man sich verwundert die Augen reiben. Die Durchschnittsvermögen der Griechen, Italiener oder Spanier sind nämlich – so suggerieren es zumindest die Zahlen – allesamt höher. Dem einen oder anderen mag da unwillkürlich die ketzerische Frage durch den Kopf gehen, ob es nicht besser auch Rettungspakte für deutsche Haushalte geben sollte. Da aber versteht er die „europäische“ Solidarität falsch. Schließlich dienen die Rettungspaket ja überhaupt nicht dazu, irgendwelche Haushalte der griechischen Bürger zu retten, sondern die Haushalte der Retterstaaten vor den Konsequenzen eines griechischen Staatsbankrotts zu bewahren. Dies ist nötig, ja alternativlos seitdem sich besagte Retterstaaten die miesen Investments europäischer Großbanken aufs Augen drücken ließen bzw. sich selbst freiwillig aufs Auge gedrückt haben, um die Vision der Vereinigten Staaten von Europa zu realisieren.

Wie dem auch sei, es stellt sich natürlich die Frage nach den Ursachen des Vermögensverlustes. Das DIW hat selbstredend darauf auch eine Antwort parat und den bzw. die Schuldigen schon ausgemacht: Es sind die Deutschen selbst bzw. ihr Anlageverhalten. Es entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie, wenn eine Studie im Auftrag einer gewerkschaftsnahen Stiftung den Deutschen zum Aktienkauf rät. Schließlich stemmten sich die Gewerkschaften in den 1960er vehement dagegen, die Frage der innerbetrieblichen Mitbestimmung über Eigentum, also Firmenbeteiligungen (= Aktien) für die jeweiligen Arbeiter, zu lösen. Nun ja – die Zeiten ändern sich eben.

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Vielleicht schmunzelt auch der eine oder andere deshalb, dass eine implizite Empfehlung zum Aktienkauf ausgerechnet zu dem Zeitpunkt kommt, an dem die Aktienmärkte in relativer Nähe zu ihren Höchstständen ins Schlingern geraten sind. Der ein oder andere mag sich an die Volksaktie der Telekom erinnern, die von zwei Schauspielkommissaren zur besten Sendezeit jahrelang angepriesen wurde. Der Höhenflug der Telekom währte nur leider nicht lange. Die „Volksaktie“ liegt heute immer noch dramatisch unter ihrem Höchstkurs und als Leiche in so manchen Kleinanlegerdepot.

Übrigens verkennen die Verfasser der Studie, dass die Deutschen durchaus einmal ein Volk von Aktienhaltern waren. Früher nämlich war des Deutschen liebstes Kind, die Kapitallebensversicherung, primär ein Aktieninvestment. Sie war der Kern der berühmten Deutschland AG. Die großen Versicherungs- und Bankkonzerne des Landes investierten dauerhaft und langfristig in Auto- und Maschinenbauer, Elektroniksowie Versorgerkonzerne. Dies entfachte zwar keine Kursfeuerwerke, führte aber zu stetigen Dividenden. Als schöner Nebeneffekt achteten die langweiligen Versicherungsmanager in den Aufsichtsräten auf die ökonomische Bodenhaftung und verhinderten wirtschaftliche Abenteuer – zumindest die gewagtesten.

Diese seligen Zeiten sind lange vorbei. Sie endeten bezeichnender Weise als die rotgrüne Regierung an die Macht kam und die Deutschland AG zerschlug. Das Angebot, ihre Aktienpakte, die im Zuge der Aktienhausse der „NewEconomy“ dramatisch an Wert gewonnen hatten, steuerfrei abstoßen zu können, war für die Versicherer und Banken zu verlockend. Sie hatten selbstredend auch über Lobbyarbeit daraufhin gewirkt. Federführend war damals übrigens Jörg Asmussen, der heute im Ministerium von Andrea Nahles sitzt und vermutlich still, leise und heimlich an der Einführung einer EU-weiten Sozialunion bastelt.

Seit dieser schönen Zeit übrigens investieren Lebensversicherer primär in Staatsanleihen. Nicht nur weil die besonders sicher sind, wie die griechische Schuldentragödie ja hinreichend beweist, sondern vor allem weil sie durch wohl durchdachte Programme wie Basel I – III dazu gezwungen werden. Zumindest ist es ein großer Anreiz für die Finanzbranche in Staatsanleihen zu investieren, wenn die entsprechenden staatlichen(!) Regularien es ihnen dann erlauben, besagte Anleihen ganz ohne Eigenkapitaldeckung zu kaufen. Doof ist das Ganze nur für die Kunden. Die sind zwar unglaublich sicher in Staatsanleihen investiert, aber in Zeiten in denen die Zentralbanken die Zinsen bis auf Null oder sogar ins Minus drücken, sind es eben nur bedingt gute Investments. Die immer tiefer sinkenden Garantiezahlungen der Lebensversicherer beweisen dies.

Wirklich bitter könnte es dann für jene Anleger werden, die sich – im festen Glauben an die Garantiezahlung und in Unkenntnis des Kleingedruckten – den Traum vom Häuschen im Grünen erfüllt haben. Sollten sie planen, den Restkredit mit der in 20 Jahren fälligen Lebensversicherung abzulösen, könnte ihnen eine unangenehme Überraschung ins Haus stehen. Gut möglich, dass die Lebensversicherung dank drastisch reduzierter Auszahlung den Kredit nicht mehr deckt. Angesichts der im Jahr 2035 zu erwartenden Durchschnittsrente für den Durchschnittsangestellten in Deutschland, muss man kein Hellseher sein, dass das Nettovermögen dann nicht mehr im sechs- sondern bestenfalls im niedrigen fünfstelligen Bereich angesiedelt sein wird.

Die Veröffentlichung besagter Studie korrelierte übrigens zeitlich mit der Meldung, dass im Bundesfinanzministerium derzeit die Champagnerkorken knallen – also zumindest metaphorisch gesprochen. 21,2 Milliarden Euro Überschüsse konnten Bund, Länder, Kommunen und die Sozialkassen im ersten Halbjahr vermelden. Deutschland ist also ein reicher Staat, nur seine Bürger verarmen.

Damit aber sind wir bei der Antwort auf die Eingangsfrage angelangt. Die schleichende Verarmung breiter Schichten der deutschen Gesellschaft ist nicht deren falschem Anlageverhalten geschuldet. Es ist die völlig verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik aller Regierungen der vergangenen Dekaden. Die Einführung des Euro hat den Prozess beschleunigt. Die Sozialdividende in Form einer beständig aufwertenden Währung ist für die deutsche Bevölkerung weggebrochen, stattdessen musste sie sich Lohnzurückhaltung auferlegen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. 200 Milliarden Euro, die dank der Währungsunion pro Jahr abfließen, fehlen dem Binnenkonsum an allen Ecken und Enden. Anstatt die deutsche Bürokratie zu verschlanken, wurde in Brüssel ein weiteres vielköpfiges Bürokratiemonster geschaffen, welches unersättlich mehr Geld fordert und dem nun wohl auch bald Steuerhoheit in Deutschland eingeräumt werden wird. Bereits jetzt zeichnet sich die Notwendigkeit weiterer Hilfspakete für die Pleiteländer ab und damit weitere Garantien, die irgendwann einmal auf die Vermögen der deutschen Bürger durchschlagen werden.

Die Bürger erfahren eine permanente Mehrbelastung – nicht nur durch direkte Steuern, sondern vor allem durch versteckte Abgaben und indirekte Belastungen. Die kalte Progression entwertet verdiente Lohnerhöhungen. Gerade Kleinunternehmer, aber auch Mittelständler, werden durch die permanente Ausweitung der Verwaltungsvorschriften in die Geschäftsaufgabe gegängelt. Die gewaltige staatliche Umverteilungsmaschine verschiebt die Leistung der Mittelschicht nach oben und unten: Die Armen werden in der Sozialstaatsmaschinerie gefangen gehalten und die Vermögenden profitieren von den Staatsinterventionen durch künstliche Steigerungen ihrer Vermögenswerte. Die Liste ließe sich ewig fortführen. Jeder noch so gut gemeinte staatliche Eingriff zieht zwangsläufig weitere nach sich und führte entweder zu einer Mehrbelastung der Bürger durch höhere Steuern und/oder mehr Schulden. Gekrönt wird die ganze Misere von dem staatlich geschützten Papiergeldsystem, welches den Bürgern schleichend die Kaufkraft entzieht.

Text: Dagmar Metzger und Steffen Schäfer

Veröffentlicht von:

Despina Tagkalidou
Despina Tagkalidou
Despina Tagkalidou ist Mitglied in der MiNa-Redaktion und schreibt über Wirtschaftsverbände, Macher im Mittelstand, Produkte + Dienstleistungen, Digitale Wirtschaft und Familienunternehmer.
Mail: redaktion@mittelstand-nachrichten.de

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